Kultur Vom Bauhaus-Jahr 2019 zum Joseph-Beuys-Jahr 2021
Krefeld. · Das große Jubiläum liegt hinter uns. Wir resümieren, wie Krefeld sich als Bauhaus-Stadt präsentiert hat. Und der nächste runde Geburtstag steht schon bevor: 1921 wurde Künstler Joseph Beuys am Alexanderplatz geboren.
Für Krefeld muss heißen: Nach dem Bauhaus-Jahr 2019 ist vor dem Beuys-Jahr 2021. 1919 wurde unter der Federführung von Walter Gropius das Bauhaus gegründet. Und der Künstler Joseph Beuys wurde 1921 in Krefeld geboren, wuchs er auch in Kleve auf.
Aber zunächst ein Blick zurück auf 100 Jahre Bauhaus. 2019 stand weltweit, vor allem aber an den Orten, wo sich Spuren ihrer Protagonisten, ihrer Idee und ihrer Schöpfungen finden lassen, vieles im Zeichen dieser künstlerischen Bewegung. Auch in Krefeld. Das in Besonderem mit seinen Bauten Ludwig Mies van der Rohes als ein wichtiges Zentrum des Westens gelten kann.
Wie Oberbürgermeister und Kulturdezernent Frank Meyer zum Auftakt der Feierlichkeiten auf der Webseite „Krefelder Perspektivwechsel“ konstatierte: Krefelds Geschichte ist eng mit dem Bauhaus verknüpft. In unserer Stadt lebten und wirkten rund 30 Vertreter der Bauhaus-Bewegung, darunter Ludwig Mies van der Rohe, Lilly Reich, Johannes Itten und Georg Muche. Damit war Krefeld in den 1920er- und 30er-Jahren die Bauhaus-Hochburg im heutigen NRW.
Daraus erwuchsen entsprechende Schwerpunktsetzungen im kulturellen Programm der Stadt, die auch teils private Initiativen wie das Projekt MIK (Mies van der Rohe in Krefeld), deren Vorsitzende Christiane Lange ist, maßgeblich mitgestalteten. Neben Ausstellungen der Krefelder Museen, angefangen von Haus Esters und Haus Lange, über das KWM bis hin zum Deutschen Textilmuseum, bleibt vom Jubiläums-Jahr vor allem der „Pavillon“ von Künstler Thomas Schütte als – voraussichtlich bis Ende 2020 – sichtbare Spur des großen Engagements in Krefeld für die Vermittlung des mit dem Bauhaus assoziierbaren Erbes der Stadt.
Doch es gab auch weitere Akzente, Performatives, Film, Theater, etwa bei „Kultur findet Stadt“, Lesungen, Vorträge, sogar eine Tagung. Viele Projekte und Ausstellungen, die eigentlich nicht genuin dem Bauhaus gewidmet waren, wie beispielsweise „Folklore und Avantgarde“ im KWM oder die Ausstellung „Zeitkolorit“ im Textilmuseum zu synthetischen Farben, setzten zumindest punktuell auch mit Bauhaus assoziierbare Akzente, bezogen das Jahres-Thema ein.
Oberbürgermeister spricht
von einem „echten Gewinn“
Und ist dies alles gelungen, hat es dazu geführt, dass Krefeld bewusst als ein wichtiger Ort dieses Erbes erfahren werden konnte? Wie so oft ist es weniger mit Fakten nachmessbar, sondern muss aus jeweils wechselnder Perspektive nachgefühlt werden. So könnte man einen jeden Krefelder fragen, ob er sich nun mehr mit der Bauhaus-Stadt Krefeld identifiziert – immerhin eine weitere Ebene zu der schon ins Fleisch übergegangenen Identität als Seiden- und Textilstadt.
Nimmt man Krefeld, seine Architektur, seine Bauhaus-Spuren nun anders, vielleicht bewusster wahr? Wie steht es um die Wahrnehmung bei den Menschen, die vielleicht sonst weniger Berührung mit kulturellen Themen haben – wie hat sich das Bauhaus auf der Krefelder Straße widergespiegelt? In den Schulen, bei jungen Menschen? Konnte dieses Jahr nachhaltig etwas für Krefeld, für die Krefelder und die, die unsere Stadt neugierig besuchen wollen könnten, bewegen?
Zweifelsohne bescherten uns die Mies-van-der-Rohe-Bauten einen erheblichen Besucherzustrom und so manche von außen kommende wertschätzende Würdigung. Zweifelsohne wird es schon einige – vielleicht sogar viele – Bauhaus-Fans geben, die nun doch mehr auch Krefeld auf dem Schirm haben. Auch dank des ikonischen Pavillons. Immerhin war Krefeld auf Landesebene und sogar deutschlandweit sichtbar. Man denke an „Bauhaus 100 im Westen“.
Auf unsere Nachfrage hin bilanziert Oberbürgermeister Meyer, dass das Jahr für Krefeld ein „echter Gewinn“ gewesen sei – „und dies nicht nur, weil Zehntausende von Besuchern hierhergekommen sind und der Bundespräsident bei uns zu Gast war.“ Krefelder hätten, so seine Einschätzung, tatsächlich viel über ihre Stadt gelernt.
„Aus Gesprächen und Rückmeldungen haben wir erfahren, dass Krefelder ihre Freunde eingeladen haben, um mit ihnen an Aktionen teilzunehmen und in die Ausstellungen zu gehen“, erklärt Meyer.
Als herausragend begreift auch der Oberbürgermeister das Zusammenwirken von städtischen Aktivitäten mit, wie er sagt, „großartigen Projekten aus der Bürgerschaft“, zu denen auch vor allem der Krefeld Pavillon zähle, der von etwa 8500 Menschen besucht worden sei. Die Ausstellungen der Kunstmuseen haben im Jubiläums-Jahr 57 000 Menschen besucht.
Das Jahr wirke nach. „Bereits jetzt ist das Bauhaus zu einem festen Bestandteil der Stadtidentität und des Stadtmarketings geworden“, sagt Meyer und betont, dass man dies auch weiterhin pflegen wolle und intensiven Austausch darüber führe, wie das Thema auch langfristig für Krefeld verstetigt werden könne.
Krefeld soll sich umfangreich am Beuys-Jahr beteiligen
2021 steht nun also das Beuys Jahr an – wie Meyer betont, können die Erfahrungen aus 2019 sicherlich für die Zukunft hilfreich sein und verspricht: „Als Geburtsstadt von Joseph Beuys wird sich Krefeld selbstverständlich umfangreich an den Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag beteiligen.“
Doch das Beuys-Jahr, bei dem es um einen Künstler und nicht um ein so breites Phänomen wie das Bauhaus geht, dürfte in gewisser Weise mit anderen Vorzeichen versehen sein. Beuys ist vielleicht nicht ganz so allgegenwärtig wie Beethoven, dessen 250. Geburtstag wir dieses Jahr feiern; doch sollten wir in Vorbereitung unseres Krefelder Beuys-Jahres schon mal nach Bonn schielen. Dort ist Beethoven geboren, und die Stadt am Rhein ist federführend bei den Feierlichkeiten zum Beethoven-Jahr, wenngleich der Komponist Großteil seines Lebens eben nicht hier, sondern in Wien verlebte, dort seine großen Meisterwerke schuf.
Bonn setzt nun mal auf seine Aura als die Geburtsstadt; und dies sollte Krefeld mit Beuys vielleicht auch tun. Denn finde man wohl in der Geschichte des Kaiser-Wilhelm-Museums, wie Meyer erklärt, so manche spannende Spur des Künstlers, so muss andererseits festgehalten werden, dass die Wahrnehmung von Krefeld als Beuys-Stadt noch ausbaufähig sein dürfte. Dies ist natürlich auch wirkungsgeschichtlich von Beuys selbst begründet.
Immerhin gibt es noch das Haus, wo Beuys Familie lebte, als er geboren wurde am Alexanderplatz. Nur das Problem zurzeit: wenn man es nicht genau weiß, welches der gründerzeitlichen Schmuckstücke denn dieses Beuys-Haus ist, so findet man es als potenzieller Tourist nicht. Kein Hinweisschild, nirgends. Dies muss sich dringend ändern, gibt es neuerdings immerhin einen Joseph-Beuys-Platz; überaus prominent vor dem Kaiser-Wilhelm-Museum. Die Arbeiten am Platz sollen – pünktlich zum Beuys-Jahr – im September 2020 abgeschlossen sein, heißt es seitens der Stadt.
Also ran an das Fett! Und mehr mit dem Knie denken – wie Beuys es schon wünschte. „Ja Ja Ja Ja Ja, Nee Nee Nee Nee Nee.“