Ausstellung: Die Welt der falschen Fuffziger
Der Sammler Joachim Tenelsen zeigt falsche Banknoten, mit denen die Nazis das britische Pfund ins Wanken bringen wollten.
Krefeld. Man braucht eine Lupe, um die Unterschiede zu entdecken. An der Spitze des Speeres, den die ruhmreiche Britannia in Händen hält, kann man eine leichte Unsauberkeit erkennen, ebenso an der königlichen Krone und den Verzierungen des Rahmens. Für das bloße Auge jedoch ist die Illusion perfekt. Kein Wunder: Die Nazis hatten die besten jüdischen Fälscher ins Konzentrationslager Sachsenhausen geschafft, um eine kriegswichtige Mission zu erfüllen. Sie sollten die britische Währung ins Wanken bringen.
Heute hegt Joachim Tenelsen seine gefälschten Pfundnoten, als wären es echte 200-Euro-Scheine. So viel und mehr können einige der papiernen Schätze tatsächlich wert sein, die der Sammler am Sonntag bei der Krefelder Münz- und Papiergeldbörse ausstellt.
Denn zum einen legen sie Zeugnis ab von einem faszinierenden Kapitel europäischer Geschichte. Und zum anderen sie sie selten: Obwohl fast 7,6 Millionen falsche Noten hergestellt wurden, sind die meisten längst vernichtet. Erst 1959 gelang es österreichischen Tauchern, einige Kisten mit Falschgeld aus dem Toplitzsee zu bergen. „Die Scheine lagen so tief, dass kein Sauerstoff mehr im Wasser war“, erklärt Tenelsen. „So blieben sie gut erhalten.“
Die auf den ersten Blick unscheinbaren Banknoten erzählen eine Geschichte, die so unglaublich und dramatisch ist, dass sie 2007 unter dem Titel „Die Fälscher“ sogar verfilmt wurde. Was in dem oscarnominierten Drama zu sehen ist, hat sich laut Tenelsen weitgehend so zugetragen.
Schon im ersten Kriegsjahr stimmte Hitler dem Plan zu, englische Pfundnoten in großem Stil zu fälschen. Damit sollte die Währung des Kriegsgegners geschädigt werden, außerdem wollten die Deutschen mit Falschgeld Rohstoffe einkaufen, Agenten und Saboteure bezahlen.
Für das sogenannte Unternehmen Bernhard wurden Zeichner, Grafiker, Drucker, Retuscheure, Papier- und Bankfachleute nach Sachsenhausen geschafft. Von Dezember 1942 bis Februar 1945 stellten sie Falschgeld im Wert von 134 Millionen Pfund her. „Es ist die größte Fälschung, die es je gegeben hat“, sagt Hans Jürgen Esser, Vize-Vorsitzender der Krefelder Münzfreunde.
Da Fälschungen fast so lang existieren, wie es Zahlungsmittel gibt, sind die eigentlich wertlosen Drucke längst zu Sammlerobjekten geworden. Die Leidenschaft fürs Falschgeld ist jedoch nicht ganz unproblematisch: UnechteMarkscheine zum Beispiel dürfen nicht gehandelt werden, weil die D-Mark nach wie vor ein gültiges Zahlungsmittel ist — sie darf gegen Euro getauscht werden. „Für den Sammler ist das eine Gratwanderung“, gibt Tenelsen zu. „Er bewahrt ein Kulturgut, muss aber aufpassen, dass er sich nicht strafbar macht.“
Auf einschlägigen Börsen gehen Polizeibeamte deshalb regelmäßig Kontrolle. Unter Umständen stoßen sie dabei auch auf eine ganz besondere Spezies: Da gefälschte Scheine im Einzelfall mehr wert sein können als das Original, gibt es inzwischen Fälscher, die Fälschungen fälschen. Täuschend echt — bis man die Lupe zur Hand nimmt.
Krefelder Münz- und Papiergeldbörse: Sonntag, 11 bis 14 Uhr. Berufsschulzentrum, Glockenspitz 350.