Interview - Comedian Oliver Kalkofe kommt in die Kufa: „Glaubt ihr, wir sind blöd?“

Krefeld. Comedian Oliver Kalkofe kommt jetzt in die Kufa. Hier spricht er über Wulff, „Wetten, dass . .?“ und eigene Skrupel.

Ihre Parodien auf Christian Wulff waren ein echter Hit im Internet. Bedauern Sie es insgeheim, dass er jetzt weg ist?

Oliver Kalkofe: Auf eine Art hätte ich mir gewünscht, dass er ewig bleibt, dass er die Türen verrammelt und einfach nicht geht. Er hat uns so viel Spaß gebracht, und wir werden sehen, wie traurig es jetzt wird. Soweit ich weiß, hat die Lebensgefährtin von Herrn Gauck nicht mal ein Tattoo.

Wie viel persönliche Wut steckt bei Ihnen in solchen Satiren?

Kalkofe: Bei mir entsteht vieles aus dem Moment der Wut, aus der Frage: Haltet ihr uns eigentlich für bescheuert? Glaubt ihr, wir sind blöd? So war es auch bei Wulff. Ich habe oft gedacht: Das kann doch nicht sein Ernst sein. Und diese Unehrlichkeit hat ihm ja letztlich das Genick gebrochen.

Inwiefern?

Kalkofe: Hätte er sich am Anfang hingestellt, die Karten auf den Tisch gelegt und sich entschuldigt, wäre alles in Ordnung gewesen. Stattdessen gab es immer nur Ausreden — und das vom Bundespräsidenten. Auf dem Posten hat man nichts anderes zu tun, als moralisch einigermaßen okay zu sein. Wenn man da rumeiert, statt glaubwürdig zu sein, hat man in dem Job nichts verloren.

Dennoch hat fast die Hälfte der Bevölkerung Wulff bis zum Schluss gestützt, Leute wie Hape Kerkeling haben ihn verteidigt.

Kalkofe: Das habe ich bis heute nicht verstanden. In dieser Hinsicht war es vielleicht geschickt von Wulff, die Sache auszusitzen. Die Angriffe wurden dadurch irgendwann so popelig, dass es wirkte, als träten die Medien auf einen hilflosen Mann ein, der am Boden liegt. Nur: Was macht man, wenn der nie aufsteht?

Damit sind wir bei Ihrem Lieblingsthema — den Medien. Seit 20 Jahren hauen Sie in Ihrer „Mattscheibe“ aufs Fernsehen drauf und sind jetzt mit dem „Gernsehclub“ auf Tour. Ist das Fernsehen in dieser Zeit besser oder schlechter geworden?

Kalkofe: Es ist schlechter geworden, obwohl es theoretisch besser hätte werden können. Es bietet uns immer mehr Auswahl, aber immer weniger Qualität.

Früher war also alles besser.

Kalkofe: Mitnichten. Das Fernsehen von vor 30 Jahren, das wir heute gerne verklären, war zum größten Teil totaler Schwachsinn, popelig und stinklangweilig. Das will ich nie wieder haben. Dennoch merkte man, dass damals seitens der Macher noch viel Herzblut dabei war. Das ist größtenteils verschwunden. Bei den Privaten geht es nur ums Geld.

Klingt wie ein Klischee.

Kalkofe: Gucken Sie sich das Programm von RTL, Sat1, Pro7 und den anderen mal an. Da wird nur recycelt und aufgewärmt, eigene Ideen fehlen. Der Tag wird mit Dokusoaps vollgestopft, weil die nichts kosten und man am Jahresende einen Rekordumsatz vermelden kann.

Sie testen mit Ihren Parodien gern die Schmerzgrenze aus. Haben Sie Momente, in denen Sie denken: Jetzt gehst du zu weit, jetzt wirst du ungerecht?

Kalkofe: Eigentlich nicht, denn meistens weiß ich: Die haben es verdient. Schwierig wird es eher, wenn ich eins meiner Opfer später persönlich kennenlerne und merke: Der ist ja richtig nett und gar nicht so doof, wie ich dachte. Das ist übrigens auch bei Wulff so: Wenn ich den traurig und verletzt mit eingeklemmtem Schwanz in den Skoda Yeti steigen sehe, tut er mir als Mensch leid. Dennoch ist er ja selbst Schuld: Der hat uns so verarscht, da verbietet sich jedes Mitleid.

Wie reagieren Ihre Opfer denn umgekehrt auf Sie?

Kalkofe: Mal so, mal so. Der größere Teil tut zumindest so, als hätte er es lustig gefunden. Einige sind natürlich stinksauer, die machen in der Regel einen Bogen um mich. Viele von den Machern geben mir auch Recht, behaupten aber: Die Leute wollen das ja sehen. Dabei weiß jeder, dass dieses Pseudo-Argument nicht stimmt. Die Leute gucken den Mist, weil es nichts anderes gibt. Keiner hat je gesagt: Ich möchte gerne mal eine richtig schlechte Sendung sehen, die scheiße produziert ist und Vollidioten von nebenan als Schauspieler einsetzt.

Wie gehen Sie selbst damit um, wenn Sie gemieden, beschimpft oder verklagt werden?

Kalkofe: Ich denke in der Regel: Es war richtig, ich habe einen Nerv getroffen. Wenn ich allerdings merke, dass ich jemanden persönlich verletzt habe, finde ich das schade. Aber es gehört dazu.

Aktuell erleben wir mal wieder eine Invasion der Castingshows. Einige davon, wie „The Voice of Germany“ oder „Unser Star für Baku“, sind richtig gut gemacht. Können Sie sowas anerkennen?

Kalkofe: Ich freue mich darüber, denn ich hätte ja gerne gutes Fernsehen. Obwohl es sich in diesen Fällen um Versehen handeln muss. Es ist das erste Mal, dass Sender wie Vox oder Pro7 ein solches Format nicht in die Grütze geritten haben.

Zum Schluss noch eine Frage von nationaler Tragweite: Hat man Ihnen eigentlich auch mal „Wetten dass . .?“ angeboten?

Kalkofe: Nein, und da bin ich persönlich beleidigt. Jeder, wirklich jeder wurde gefragt. Wenn morgens der Postbote kommt und abends der Pizza-Bringdienst, dann sind sogar die schon angesprochen worden. Nur mich fragt kein Schwein.