Kultur Ein Ort mit besonderer Atmosphäre
Krefeld · Barbara Kuhfuss, Peter Hassenpflug und Pia Schrepfer öffnen ihr Kunsthaus am Stephanplatz. Ein Ort mit besonderer Atmosphäre.
Es gibt Orte in Krefeld, die verströmen eine ganz besondere Atmosphäre. Ein solcher Ort ist nicht nur der Stephanplatz selbst, mit der zwischen Altbauten liegenden Kirche, sondern das auch in einem dieser Häuser beheimatete Kunsthaus. Hier in Krefeld hat sich das eigentlich an Düsseldorf orientierte Paar Barbara Kuhfuss und Peter Hassenpflug ein, eine traumhafte Aura atmendes Refugium geschaffen. Ein ganzes Haus im Zeichen der Kreativität, der Kunst. Er ist Goldschmied, war mit seiner Schmuckgalerie Orfèvre in Düsseldorf eine Institution; deren Inhaber er seit 1975 war und die er dieses Jahr an eine Nachfolge übergab. Sie, Kuhfuss, ist Künstlerin und gestaltet mit am Rheinufer aufgelesenen Steinen vielseitige Werke. Gemeinsam mit der Tai-Chi-Lehrerin und Fotokünstlerin Pia Schrepfer leben sie im und beleben sie einen großzügigen Altbau am Stephanplatz 8. Alle drei dürften für interessierte Krefelder keine wirklich unbekannten Figuren sein.
Wegen Corona gibt es keine Vernissage oder Finissage
Einmal im Jahr laden die Kunstfreunde zudem Gastkünstler ein und öffnen ihr Haus für Besucher. Wegen der Corona-Situation findet dieses Jahr keine Vernissage oder Finissage statt, sondern das Haus ist noch bis zum 19. Juli täglich zwischen 15 und 18 Uhr besuchbar. Gast dieses Jahr ist im ersten Obergeschoss, sozusagen im Wohnzimmer des Paares, der 1938 geborene Franz Küsters, der seinerzeit an der Krefelder Werkkunstschule, dann in Düsseldorf zunächst bei Beuys später bei Erwin Heerich studierte. Von 1976 bis 2002 war er Leiter der „Gipswerkstatt“ der Düsseldorfer Kunstakademie. Der Künstler, der in Berlin lebt, und den wir noch kurz vor seiner Rückreise in die Hauptstadt im Kunsthaus erwischen, strahlt eine Ernsthaftigkeit, aber auch Ruhe aus.
Jene Attribute spiegeln sich auch in seinen Arbeiten, die plastische Momente mit konkreter Farbigkeit paaren. Exponate, die den Flirt mit der Op-Art nicht scheuen, bisweilen ganz in der Tradition von Konkreter Kunst stehen. Einer Kunst, die rein auf der Konstruktion, auf der von jeglicher Abbildhaftigkeit losgelösten – also abstrakten – Gestaltung von ästhetischen Objekten beruht. Die auf Holz gefertigten, leicht objekthaft wirkenden Tafeln spielen mit Farbverhältnissen, geometrischen Formen, aber auch einer ausgesprochen glatten, matt, aber perfekt ausgeformten Oberfläche. Allesamt ohne Titel, suchen die Exponate den unmittelbaren Dialog mit den Wahrnehmungsorganen des Betrachters, täuschen gern auch ein wenig, durch geschickte Formungen, die Farben verlaufen, Oberflächen abschrägen oder eindeutiges zweideutig machen lassen.
Tiefe Bedeutungsschichten haben auch die Arbeiten von Pia Schrepfer, die eigentlich alt bekannte und simple Techniken der Musterherstellung für Tapeten mit Philosophien aus dem indischen Kulturkreis verbindet. Sie gestaltet Tapetenmuster aus Fotografien, die auf verschiedene Weise gespiegelt und so zu multidimensional symmetrischen Formen gefügt werden. Das sieht von weitem schon mal aus wie eine kunstvolle Tapete aus dem Jugendstil; doch dahinter steckt mehr. Ihre Kunst ist nicht nur ausgesprochen sinnlich und zieht den Betrachter schnell in die emotionale Welt der Schöpferin hinein, sondern erzählt auch Geschichten. Wie in diesem Fall das Epos von Savitri, nach dem der Zyklus auch benannt ist. Es dreht sich um Wandlung, Verwandlung, aber auch Absicht, Liebe und Tod und Beständigkeit in einem Prozess des Wandels. Man spürt, dass Schrepfer nicht nur durch ihre Kunst viel zu erzählen hat. Allein schon ihr im Dachgeschoss gestalteter Ausstellungsraum wirkt ein wenig wie eine Oase in dem ohnehin schon als Kunst-Oase konzipierten Kunsthaus. Über den Dächern Krefelds eine andere, entspanntere Welt.
Schrepfer hat als Gast Jeronimo Busch eingeladen. Die Arbeiten des jungen Künstlers, über den bewusst „wenig bekannt sein solle“, so Schrepfer, spielen mit Klischees aus dem Kosmos des Surrealismus. Ironisch, zweideutig und postmodern, weil losgelöst von jeglichen Regeln treffen sich unmögliche Figuren, fließende Formen und bunte Farbigkeit wie aus einem Comic.
Im Erdgeschoss lassen sich die Arbeiten von Hassenpflug, in dessen Arbeitsraum, der mehr eine große Atelier-Halle ist, und von Kuhfuss erkunden. Letztere arbeitet seit Jahrzehnten an einem ungewöhnlichen künstlerischem Lebensthema. Steine, die sie am Rhein findet, collagiert, kleistert, fügt und drapiert sie zu überraschend vielseitigen Objekten. Die den Betrachter durch ihre stellenweise sehr reduzierte Ästhetik zum Nachsinnen anregen, zeitgleich aber sprechend aufzeigen, wie ansprechend und auch mal dekorativ das Zusammentragen von Steinen als Kunstform aussehen kann. Natur, Stein, das Pure verbindet sich mit anderen Materialien zu einer Künstlichkeit.
Ein Prozess, den auch Kuhfuss’ Ehemann Hassenpflug in seiner Schmuckkunst verfolgt. Bei aller kunstvollen Kreativität muten seine Schmuckstücke sehr ursprünglich, fast wie aus dem großen Fundus der Menschheitsgeschichte schöpfend an. Ob nun mit Feingold oder mit dem besonderen Werkstoff Tantal – das einen enormen Schmelzpunkt von 3000 Grad Celsius besitzt – Hassenpflug, der auch in Krefeld studierte, erschafft Unikate, die mehr wie kleine Skulpturen wirken als bloß Geschmeide. Aber war das bei archäologischen Funden nicht auch schon oft so? Schlussendlich lohnt ein Besuch des Kunsthauses am Stephanplatz auch wegen der besonderen Menschen, die hier leben.