Konzert Von Eckardstein entzückt mit Stücken von Rachmaninoff
Krefeld · Klavierabend im Schütte-Pavillon.
Irritierende Klangräume, Brüche, eruptive Akkordmassen, filigrane virtuose Läufe, Severin von Eckardstein interpretierte am Samstagabend im Schütte Pavillon ein Programm, das in der Suche nach neuen Klängen, im klanglichen Experiment zu Beginn des 20. Jahrhunderts und auch später einen Bezug zur Idee des Bauhauses herstellte. Versachlichung der Formen, Abkehr von Gefühlsüberschwang, Reduktion auf wesentliche, klare Formen, dahin ging der Weg der Bauhaus-Idee. Polytonalität, extreme Gegensätze, Virtuosität und Innehalten in rasantem Wechsel, das spiegelt den Wandel der Musik im Kunstraum zu Beginn des 20. Jahrhunderts und darüber hinaus.
Severin von Eckardstein gestaltete die Stücke des Programms mit hoher Konzentration und Intensität. Zu Beginn erklang die „Elegie Nr.3 Meine Seele bangt und hofft zu Dir“ von Ferrucio Busoni, ein Stück welches nach einem heftigen Akkordakzent mit Melodiefetzen beginnt, dann den Choral massiv umspielt, ihn aber immer wieder durchscheinen lässt und somit eine neue, sich ins Freie bewegende Klangfolge mit dem Anker des traditionellen Chorals verbindet. Virtuos und intensiv gespielt, voller Spannung. Paul Hindemith suchte in seiner Musik ebenfalls neue Klangwege, Sachlichkeit war der Grundtenor, doch immer wieder tauchten Melodieteile auf, Assoziationen zum Tanz oder vermeintlich bekannter Melodiestruktur, die intellektuelles Hören mit distanzierter Emotionalität verband.
Heitor Villa-Lobos komponiert zerbrechliches Stück
Eckardstein musizierte virtuos, sensibel, jedoch ohne sich aus der Sachlichkeit heraus zu bewegen. Im Diskant des Klaviers hört man, ja sieht man förmlich die Tänzerinnen trippeln, vorbeihuschen, hell und glitzernd im Spitzentanz Bewegungsbilder malen in Sidney Corbett: „Piano Valentine Nr.17 in memoriam Pina Bausch.“ Heitor Villa-Lobos komponierte eine Klangminiatur, die er „die kleine zerbrochene Spieluhr nannte“, hier im Programm mit „The music Box“ betitelt, auch dies ein Stück, welches rhythmisch und melodisch jene Zerbrechlichkeit eines technischen Apparates reflektiert.
Sergei Rachmaninoff entwickelt in seinem Stück „Die Muse“ op.24 Nr.1 (hier in der Bearbeitung von Earl Wild) sich immer wieder verändernde Klangräume, aus der heftigen lauten Passage taucht eine leise Passage auf, abrupt auch und wieder aus dem veränderten Klang auftauchend. Und so gelangt das Programm zu George Gershwin: „I got rhythm“, zum jazzigen Rhythmus virtuos differenziert. Peteris Vasks greift in seinem Stück: „The cycle of the piano“ die Idee der Wandelbarkeit des Klaviertons auf, da ist die Idee, die Saiten zu präparieren, die Saiten anzuzupfen, sie mit den Händen zu schlagen und so dem Flügel (und der eignet sich auch besonders für dieses Klangexperiment) zum Multiklanginstrument zu wandeln. Phantasie als Spiel.
Die „Klaviersonate Nr. 3“ von Erich Korngold folgt in ihren vier Sätzen der Idee der Sonate mit einem schnellen Anfangssatz, dem langsamen zweiten Teil, dem tänzerischen Menuett, aus dem man die ironische Brechung des Walzers herauszuhören meint, und dem variantenreichen Rondo, so als wolle der Komponist seinen neuen Klangräumen eine Kordel an die Hand geben, sich in der veränderten Landschaft nicht zu verlieren. Severin von Eckardstein gestaltete die Stücke des Programms mit hoher Intensität und Spannung, was die Zuhörer mit begeistertem Beifall honorierten. Als Zugabe spielte er dann einen sachlich interpretierten Schubert und ein „Märchen“ des Komponisten Methner. Musik im Bauhaus.