Kunstmuseen Krefeld Mies-van-der-Rohe-Villen per Media-Guide neu entdecken

Krefeld · Ein neuer Media-Guide mit Audio und Fotos ist auf allen Endgeräten abrufbar und informiert vielseitig über Architektur und Geschichte der berühmten Krefelder Mies-van-der-Rohe-Villen.

Kunstvermittler Thomas Janzen (l.) und Museumsdirektorin Katia Baudin stellten den Mediaguide für die Häuser Lange und Esters vor.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Die Häuser Lange und Esters stecken voller Überraschungen. Und diese kann man jetzt von Zuhause aus oder vor Ort per Smartphone entdecken und für sich erklären lassen.

Die beiden von Ludwig Mies van der Rohe entworfenen Ende der 20er-Jahre erbauten Industriealtenvillen an der Wilhelmshofallee sind unumstritten besondere Architektur-Ikonen mit einer enormen Strahlkraft weit über die Grenzen Krefelds hinaus. Was macht sie so besonders? Weil sie beispielhaft die Idee dessen, wie Wohnhäuser – oder in diesem Fall repräsentative Villen – gebaut werden, welchen Geist sie atmen, und welchen Regeln ihre Struktur folgen sollen, so gehörig umkrempelten. Weil sie selbst so etwas wie Stein und Stahl – letzteres indes unsichtbar – gewordene Idee einer besonderen modernen Architekturkunst sind. Selbst Kunst sind.

Sind die Häuser auch bedeutende Kunst-Orte für wechselnde Ausstellungen der Kunstmuseen Krefeld – derzeit ist in Haus Lange die Ausstellung „Lehmbruck – Kolbe – Mies van der Rohe, Künstliche Biotope“ zu sehen –, oder auch für fest dort verbleibende künstlerische Akzente, so sind sie selbst ein wichtiges Exponat. Ihre Architektur, aber auch Verweise zu verwandten Themen bergen Spannendes in sich.

Geschichten, die erzählt, Dinge, die erklärt und Sachen, die aufgezeigt werden müssen, die einen Besuch erst so richtig würzig machen, kann man natürlich im Rahmen einer Führung live vor Ort in sich aufsaugen – doch nicht erst seit Corona sind weitere niederschwellige und auch mit Abstand und Distanz nutzbare Vermittlungsangebote hilfreich, um Menschen für das, was dort zu sehen ist, zu begeistern.

Ein probates Mittel sind die klassischen Audio-Guides, die einem während des Spaziergangs durch ein Museum stationsweise Wissenswertes zum Gesehenen erzählen. Andererseits sind digitale auch von außerhalb abrufbare Angebote, wie etwa virtuelle Museumsrundgänge oder umfangreiche Webseites mit Raum- und Lageplänen und Co. eine schöne Informationsquelle für Interessierte und können mit hübsch aufbereiteten Inhalten auch Menschen neugierig machen und zu einem Besuch motivieren.

27 Stationen mit überraschenden Themen

Mit dem neuen Angebot des „Mediaguides“ für die beiden Häuser liefern die Kunstmuseen beides in einer ansprechenden Form, die weder übertechnisiert an den Möglichkeiten digitaler Medien erstickt, noch zu ängstlich mit modernen Vermittlungswegen umgeht. In Zusammenarbeit mit dem Medienverlag Linon ist ein „Guide“ entstanden, der in 27 thematisch prägnanten zu jeweiligen Räumen oder auch Besonderheiten der Häuser passenden „Geschichten“ Menschen sowohl vor Ort als auch weltweit übers Internet mit den kleinen und großen Geheimnissen der Häuser vertraut macht. „Es war uns wichtig“, betont Kunstvermittler am Haus, Thomas Janzen, der für die Entwicklung des Projektes verantwortlich ist, „kurzweiliges, gut verständliches Architekturangebot zu schaffen, das auch noch Fachleute interessieren kann“. Dieses Angebot ist kostenlos vor Ort entweder mit dem eignen Smartphone oder auch per Leihgerät, zu Hause, falls gewünscht, ganz traditionell am PC oder sonstigen Endgeräten unkompliziert über die Webseite des Museums abrufbar.

Versehen mit einer einfachen aber eleganten und funktionstüchtigen Benutzeroberfläche gelangt man je Station zu passenden Abbildungen. Fotos des jeweiligen Ortes innerhalb der Häuser, die man gerade bespricht, aber auch Archivbilder, die beispielsweise vom Stadtarchiv, aber auch privaten Unterstützern der Idee wie etwa Christiane Lange oder Jochen C. Heitmann zur Verfügung gestellt wurden. Sehr wertvoll sind etwa Fotografien, die zum Beispiel den Bau, Umbau, Entwürfe oder auch historische Einrichtungen der damals bewohnter Häuser zeigen. Zu jeder Station gibt es einen fallweise von einer Frauen- oder auch Männerstimme eingesprochenen kurzen Text, der die jeweilige Besonderheit erzählt. Wie sind Fensterfronten in Haus Lange absenkbar und wieso? Wieso passten die Möbel im Frauenzimmer von Haus Esters so gar nicht zum Stil des Hauses? Was ist das Geheimnis der „Schmalen Stütze“? Was hat Yves Klein und Licht mit Haus Lange zu tun, und wieso gibt es eine geheime Dunkelkammer in der ersten Etage, die so aussieht, als hätten die Bewohner das Haus gerade erst verlassen? Welche Geschichte verbirgt sich hinter den Erbauern der Häuser, wer waren sie und was waren eigentlich die Ideen von Mies? Und was heißt eigentlich „Internationaler Stil“?

All das und vieles mehr kann man sich erzählen lassen und entweder vor Ort die passenden Ecken der Häuser anschauen oder durch Fotos blättern. Etwas schade ist, dass es zumindest ersichtlich keine schriftliche Transkription der eingelesenen Texte gibt, aber es ist immerhin als Audio-Tour konzipiert. Eine schöne Ergänzung ist ein Lageplan der beiden Häuser samt Garten, auf dem die Stationen mit runden Markierungen verzeichnet sind. Diese sind anklickbar und führen zur jeweiligen Seite mit Foto und Audio.

Ermöglicht wurde dieses digitale Angebot durch die „Neustart“-Corona-Förderung des Bundes.