Rotkäppchen-Massaker: Stück strapaziert Nerven

Gruselig und witzig sollte das Figurentheater in der Heeder sein. Doch am Ende war der Abend ziemlich fad.

Foto: Marc Mocnik

Krefeld. Kein Einlass unter dem Mindestalter von 16 Jahren: Diese Ankündigungen lassen für sensible Seelen Schlimmes befürchten. Spritzt da vielleicht doch noch Theaterblut bis in die Ränge der komplett besetzten Stuhlreihen der Studiobühne II? Rollen hier en masse Köpfe, passieren andere Grausamkeiten, die erschreckend realistisch präsentiert werden?

Am Samstagabend gab das Theater 1 aus Bad Münstereifel sein Gastspiel in der Fabrik Heeder. Reißerisch irreführend waren die Ankündigungen im Programmheft des „Budenzaubers“, des Krefelder Figurentheaterfestivals für Erwachsene. Diese Aufführung hätte man durchaus ab sechs Jahren freigeben können — wenn auch nicht gerade zu der abendlichen Stunde. Natürlich hätten kleine Theaterbesucher nicht alle Anspielungen verstanden: Ihnen wären weder Elvis noch die Filmszene am Bug der untergehenden Titanic ein Begriff gewesen. Aber was hätte das schon ausgemacht?

Auch für Erwachsene erschloss sich der Sinn oder Zusammenhang mancher Szenen genauso wenig. Das bunte Kaleidoskop aus Märchenbüchern und Komödiendrehbüchern wurde zwar mit zahlreichen netten und kreativen Ideen auf die Bühne gebracht, aber das trug nicht wirklich für 70 Minuten. Da half auch die sprachliche Vielseitigkeit der beiden Akteure Christiane Remmert und Jojo Ludwig — meist in Rollen des anderen Geschlechts — nicht über die Länge des Theaterabends hinweg.

Ihr Repertoire an Stimmen und Charakteren sowie die Übersetzung der Kurzfassungen des Rotkäppchen-Märchens ins Bayrische, Sächsische sowie einen norddeutschen Dialekt waren ganz nett, aber auch nicht so überraschend neu. Die Strichliste des Massakers, der Todesfälle, die im Laufe des Spiels zu verzeichnen waren, mit ihren Schaf- oder Ziegenfigürchen auf einer Magnettafel reichte auch höchstens für ein müdes Lächeln. Es gab auf dieser Strichliste ein Hin und Her. Da wurde beispielsweise der Pfarrer einer sich endlos hinziehenden Trauung vom Bräutigam erschossen und für die Schauspieler ergab sich der Gag: „Spielen wir eine Szene der Wiedergeburt!“ In Schnellverwandlung mit Engelsflügeln und Neon-Heiligenschein ging man zur Sache.

Trotz mancher witziger Szenen und netten Ideen im Bühnenbild, so zum Beispiel bei der Verfolgungsjagd des mörderischen Bräutigams durch die Welt — dargestellt mit Schattentheaterfigürchen vor einem Band von Sehenswürdigkeiten aus aller Welt, das gekurbelt wurde —, konnte man im Laufe der Vorstellung wahrnehmen, dass es im Publikum immer ruhiger wurde. Man bekam immer mehr Gelegenheit, im Düsteren zu meditieren, als sich zu amüsieren und zu lachen. Ein ziemlich fader Abend.