Sie ist die kritische Zuschauerin am Theater

Ulrike Aistleitner ist Dramaturgin und tut alles dafür, dass die Stücke beim Publikum so ankommen, wie sie sollen.

Foto: Dirk Jochmann

Ulrike Aistleitner liebt die Freiräume in ihrem Job. Sie ist Dramaturgin für Musiktheater und prägt mit ihrer Arbeit das künstlerische Profil des Hauses in Krefeld und Mönchengladbach. Aistleitner versteht sich vor allem als Beraterin, die dem Regisseurteam und den Schauspielern dabei hilft, das richtige Setting für ein Stück zu finden. „Mir ist es wichtig, dass die Inhalte stimmig sind und dass ich und meine Kollegen gleichzeitig große künstlerische Freiheit genießen.“

Mit Beginn der szenischen Proben beginnt auch die konkrete Arbeit der Dramaturgin. Dabei hat sie die Rolle einer kritischen Beobachterin inne. „Meine Aufgabe als Dramaturgin ist es quasi, die erste Zuschauerin zu sein.“ Wie wirkt das Stück? Wie logisch ist die Inszenierung? Gibt es etwas, was komisch ist? Was könnte man für das Erlebnis des Zuschauers noch am Stück verbessern? Das sind Fragen, die Aistleitner sich während der Proben oft stellt.

Was ihr auffällt, bespricht sie dann mit Schauspielern und Regieteam. Das sei auch nötig, denn wer acht Stunden probt, verliert schon mal den Blick von außen. Dieser Blick ist dann Aistleitners Aufgabe. Nach und nach gewinnt eine Inszenierung so immer mehr an Form, die einzelnen Teile kommen zusammen, bis dann die Bühnenproben anstehen. Auf die komme es an. „Die Bühne ist im Theater ein heiliges Pflaster“, weiß Aistleitner. Das Spannendste sei dabei die erste Orchesterprobe, etwa zehn Tage vor der Premiere.

Stellen für Dramaturginnen gibt es nicht viele in Deutschland. Nur eine bis drei Positionen sieht ein Haus im Normalfall dafür vor. Aistleitner ist Österreicherin und hat in Wien und Linz Musik- und Theaterwissenschaft studiert. Nach mehreren Hospitanzen kann sie 2003 schließlich zum Theater Krefeld/Mönchengladbach.

„In der Uni wird man mit der Theorie versorgt. Dann muss man erstmal lernen, wie das Theater funktioniert. Das geht nur in der Praxis.“

Ihr Job bestimmt den Wohnort, genauso wie er ihre freie Zeit an Abenden und Wochenenden beschneidet. Die Dramaturgin stört das jedoch wenig. „Hier gibt es keinen Alltag, Gott sei Dank!“

Als Musiktheaterdramaturgin bewegt Aistleitner sich zwischen Planung, Organisation und Kommunikation. Ihre Hauptaufgabe liegt allerdings in der Publikumsvermittlung: Sie kreiert Schnittstellen, um den Zuschauern die Stücke am Theater näherzubringen. Beispielsweise ist sie mit der Erstellung des Programmhefts beauftragt.

Aistleitner kennt die Stücke genau und schreibt gerne eigene Texte, immer mit der Leitfrage: Was hilft dem Zuschauer zum besseren Verständnis? Auch die Übersetzung der Übertitel für die Opern gehört zu ihren Aufgaben. Diese erstellt sie immer passend zur jeweiligen Inszenierung. „Da muss man auch mal von der Modernität der deutschen Sprache abweichen. Es ist zwar eine Fusselsarbeit, aber es macht mir immer wieder Spaß, jeden einzelnen Satz zu hinterfragen.“ Sie selbst beherrscht Französisch, Englisch und Italienisch auf „Libretto-Niveau“. Aistleitner sucht in ihrer Arbeit als Dramaturgin auch den direkten Kontakt mit dem Publikum. Sie moderiert Matineen und Stückeinführungen vor den Vorstellungen. Hier kommen Zuschauer mit Regie, Bühnenbildnern und Sängern in Kontakt.

Den schätzt auch die Dramaturgin besonders in ihrem Job. „Die Zusammenarbeit mit talentierten Kreativen ist das Beste daran. Es ist nach wie vor mein Traumberuf, hier am Theater bündeln sich alle meine Interessen.“