Villa Goecke: Die Welt wird unscharf
Krefeld. Fotografie oder Malerei — der Künstler Martin Streit geht mit beiden Techniken so um, dass die Grenzen verwischen. In der Villa Goecke sind derzeit 50 Arbeiten des 1964 in Koblenz geborenen Künstlers zu sehen.
Streit versteht sich vorrangig als Maler, studierte nach einer Ausbildung zum Kunstglaser Malerei in Münster und Düsseldorf. Radikal, fast an der Grenze zur Abstraktion, zeigt er in seinen kleinformatigen Ölbildern alltägliche Formen wie Schalen, Kugeln oder Häuser. Gerade letztere wirken wie Spielzeug, auf Grundformen reduziert und in monochromen Tönen wie Blau, Grün oder Grau gemalt. Nichts Überflüssiges lenkt den Blick ab. Die Bilder erinnern an Stillleben.
Das gilt auch für Streits Fotos. Schon vor zehn Jahren lichtete er in Paris die alten Häuserfassaden ab, fasziniert von der Tönung des Steins, ausschließlich in Schwarz-Weiß. Inzwischen sind seine Fotos farbig, aber sie entstehen mit der eigenwilligen Technik einer Camera obscura. Inspiriert durch eine tunnelartige Ausstellungssituation griff er diese alte Technik auf.
Es entstehen Bilder in subtiler Unschärfe. Zugleich versteht es der Künstler, bestimmte Farben sowie Licht und Schatten derart zu inszenieren, dass eine Nähe zur Malerei entsteht. Neben Gegenständen, etwa einem Sessel oder einem Auto, sind auch Menschen zu sehen. In einer vor einem Jahr in New York entstandenen Serie ist der Fokus immer wieder auf einzelne Personen gerichtet. Es sind Momentaufnahmen auf der Straße, in der U-Bahn oder in Geschäften, deren Unschärfe alles wie durch einen geheimnisvollen Schleier erscheinen lässt. Das irritiert das Auge ständig, doch je weiter man sich von einem Bild entfernt, umso angenehmer wird die Betrachtung. Bei einigen Arbeiten verbindet Streit beide Techniken, indem er Fotos mit dünnen Öllasuren übermalt. Auch dabei faszinieren das Farbempfinden und die Transparenz der Strukturen, die seinen Bildern eine besondere Aura verleiht. Tiergartenstraße 57.
Mi., Do. und So., 15-18 Uhr. Bis 8. Dezember.