Stadtrundfahrt 042 ist die Linie zu den Gotteshäusern, Automeilen und dem großen Grün

Krefeld · Stadtrundfahrten mit der Straßenbahn Auf der zweiten Tour unserer Serie geht es vorbei an drei Weltreligionen und einem halben Dutzend Automarken.

Die Station am Stahlwerk ist wichtig für viele Arbeitnehmer.

Foto: ja/Jochmann, Dirk (dj)

Der südliche Abschnitt der Linie 042 macht es dem Stadtrundfahrer doppelt schwer, ihn zu genießen. Auf den ersten Blick bietet er sehr wenige schöne Ausblicke, auf den zweiten aber einiges für die Neugier. Um die zu befriedigen, müsste man die Strecke dann nochmal fahren, was man wegen der ersten Diagnose aber gar nicht für erstrebenswert hält. Deshalb in Kurzform: Die Linie 042 erfüllt im Süden vor allem einen Zweck: Sie bringt Arbeitnehmer vom oder zum Stahlwerk sowie vom oder zum großen Gewerbegebiet auf der anderen Seite der B9. Sie bringt den Stadtrundfahrer also in Berührung mit einem Stück Krefelder Industriegeschichte und der Erkenntnis, dass neben den Textilunternehmen noch weitere Branchen einst für den Wohlstand in der Stadt sorgten.

Die nächsten Stationen bis zum Hauptbahnhof sind zunächst mit nicht naheliegenden Zielen verknüpft. Wenige Meter von der Oberschlesienstraße entfernt (auf Höhe der Haltestelle Thyssenstraße) beginnt das hintere Ende des Fischelner Stadtparks, der bis zur Kölner Straße reicht. Wenn die Bahn auf die Gladbacher Straße biegt, entdeckt der Aus-dem-Fenster-Betrachter etwas, das sich später als prägend für die Linie 042 erweist. An dieser Stelle liegt eine Reihe von Autohäusern, die man vielleicht zumindest beim Kauf des ersten eigenen Wagens mit der Bahn ansteuert. Eine Automeile wie diese taucht am anderen Ende der Strecke rund um die Stationen Bockumer Friedhof und Magdeburger Straße noch einmal auf, dort sind auch Tüv und Zulassungsstelle beheimatet.

Kurz vor dem Hauptbahnhof gibt es die erste große Sehenswürdigkeit, die zugleich einen Eindruck davon vermittelt, was diese Linie noch ausmacht: Gotteshäuser. Rechter Hand liegt die Lutherkirche, die zu Beginn des 20 Jahrhunderts gebaut wurde. Die Kirche und auch ihre Orgel sind immer wieder von größeren Schäden heimgesucht worden, haben aber auch immer Unterstützer gefunden, um sie wieder herzurichten.

Imposante Zwischenstation: die Lutherkirche im Krefelder Süden.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Der Stadtrundfahrer kommt mit drei Weltreligionen in Berührung. Noch an der Gladbacher Straße sieht er die Fläche, auf der am 3. Oktober der Spatenstich für die neue Moschee geplant ist. Auf der Route durch die Innenstadt entdeckt er in den Seitenstraßen sowohl die Friedenskirche als auch St. Dionysius, die in mehreren Phasen zwischen 1752 und 1910 entstandene Altstadtkirche. Und nur eine Parallelstraße von der Station Philadelphiastraße entfernt, befindet sich die neue Synagoge. Sie zitiert an zwei Stellen den 1938 zerstörten Vorgängerbau an der Petersstraße.

Diese Rotbuche steht im Schönwasserpark am Rande der Bahnstrecke.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Den Abschnitt zwischen Hauptbahnhof und Bockumer Platz teilt sich die Linie 042 mit der 043, die Sehenswürdigkeiten dort (Sprödentalplatz, Zoo, Schönwasser- und Sollbrüggenpark) sollen Thema der nächsten Folge unserer Serie sein. Entscheidend an dieser Stelle ist der nordwestliche Abschnitt, der erst in der jüngeren Geschichte des hiesigen Straßenbahnnetzes entstanden ist: Den Mittelteil, die Achse Innenstadt-Uerdingen, gibt es schon solange, wie es Straßenbahnen in Krefeld gibt. Seit Mai 1883 rollte dort eine Dampfbahn, von der Rheinstraße zunächst zum Tiergarten, wenig später auch nach Bockum und nach Uerdingen. Die Edelstahlwerke erhielten ihre Straßenbahn Anfang des 20. Jahrhunderts. Sowohl vor als auch nach dem Ersten Weltkrieg war die Linie 9 in Richtung Krefelder Südwesten unterwegs. Nach 1945 war es die Linie 5, zeitweise fuhren dort sogar drei Linien. Der Ast von Bockum nach Elfrath kam erst in den 1970er-Jahren hinzu: Zunächst wurde die Linie 2 von der Verberger Straße weiter bis Gartenstadt geführt, am 3. April 1982 ging die neue Strecke bis Elfrath in Betrieb.

Der Bockumer Platz mit der Kirche St. Gertrudis im Hintergrund.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Der letzte Teil dieser Stadtrundfahrt beginnt wieder mit Kirchen. Am Bockumer Platz setzt St. Gertrudis, ein Bau im neugotischen Stil aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die Reihe der beeindruckenden Gotteshäuser fort. Für Freunde besonderer Architektur folgt in Höhe der Haltestelle Traarer Straße St. Pius X. Die Zeltkirche ist erst gute 50 Jahre alt.

Gleichermaßen Ziel wie Politikum: das Badezentrum Bockum.

Foto: Ja/Bischof, Andreas (abi)

Im übrigen ist die Strecke von kommunalpolitischen Themen und zunehmendem Grün bestimmt. Die 042er-Züge fahren an der Grotenburg vorbei und erinnern an die Dauerdiskussion um die Sinn und Unsinn der Sanierung des Stadions, vor allem angesichts der jüngsten Entwicklungen beim KFC. Nach der Kurve am Bockumer Platz erscheint links von den Schienen das Badezentrum, einerseits ein schönes Ausflugsziel, dessen Freiluft-Teil man im vergangenen Jahr sogar noch Mitte Oktober besuchen konnte. Auf der anderen Seite ist es aber wegen der Legionellenfunde mit der Frage verbunden, ob die Stadt noch sanieren oder lieber neu bauen sollte. Die Antwort soll es in der ersten Hälfte von 2020 geben.

50 Meter von der Enthaltestelle „Elfrather Mühle“ in Elfrath entfernt liegt das Haus Rath. 

Foto: ja/Jochmann, Dirk (dj)

Die schwereren Gedanken werden nach und nach durch die Umgebung der Strecke zerstreut. Die Zahl der Blumengeschäfte steigt, kurz vor der Station Pappelstraße gibt es ein bisschen U-Bahn-Gefühl, weil die Bahn ein paar Meter tiefer rollt als sonst. An der Endstation „Elfrather Mühle“ ist das große Grün sehr prägnant, die Hauptattraktionen dort sind aber nicht sofort zu sehen. Bis zum Elfrather See ist es noch einen guten Kilometer, näher liegen, Haus Rath (älteste Burganlage am Niederrhein, der Golfclub und das Restaurant Elfrather Mühle. Das hat seit Februar neue Pächter, die mit einer kreativen Karte daran arbeiten, den sehr guten Ruf des Hauses fortzuführen. Die Gäste zählen nicht zu den typischen Nahverkehrsnutzern und nehmen nach einem Gläschen Wein vermutlich eher ein Taxi. Aber es kann zumindest keiner sagen, dass die Linie 042 es einem hier auch nur in einer Hinsicht schwer macht.