Liste mit „entarteter“ Kunst aus Krefeld aufgetaucht
Die Nazis ließen 98 Werke aus dem Kaiser-Wilhelm-Museum entfernen. Es gibt wohl keine Chance auf Rückgabe.
Krefeld. Campendonk, Kollwitz, Kokoschka, Macke, Nolde: Die Namen lassen erahnen, welchen Verlust das Kaiser-Wilhelm-Museum 1937 hinnehmen musste. Die Nationalsozialisten beschlagnahmten damals 98 Werke aus der Sammlung, die als „entartete“ Kunst galten. Eine Liste dieser Arbeiten ist nun erstmals veröffentlicht worden.
Die vier Seiten, ordentlich tabellarisch mit Schreibmaschine beschrieben, sind Teil eines Verzeichnisses, das sich im Besitz des Victoria & Albert Museums in London befindet. Vom zweiten Band, in dem Krefeld auftaucht, existiert offenbar nur noch dieses eine Exemplar. Es gehört bereits seit 1996 dem Londoner Museum. Doch erst seit 31. Januar steht die digitalisierte Liste im Internet zur Verfügung.
Sie umfasst insgesamt 16 558 Kunstwerke, die mit Maler, Titel und Maltechnik erfasst sind. Besonders spannend ist die vierte Spalte: Sie gibt Aufschluss über das weitere Schicksal der Arbeiten. Dort ist vermerkt, wer sie später — für teils lächerliche Summen — gekauft hat.
Bei den Krefelder Arbeiten taucht auch mehrmals der Name Dr. Gurlitt auf. Dabei handelt es sich wohl um jenen Hildebrand Gurlitt, der im November vergangenen Jahres in die Schlagzeilen geriet, weil sein Sohn Cornelius in seiner Münchner Wohnung 1280 Kunstwerke hortete. Ob Krefelder Arbeiten darunter waren, dazu sagt die zuständige Staatsanwaltschaft Augsburg im Moment nichts: „Wir erteilen derzeit keine Auskünfte zu einzelnen Kunstwerken und deren Provenienz“, erklärt Sprecher Matthias Nicolai.
In den Krefelder Kunstmuseen war die Liste nicht bekannt: „Das kam für die Stadt Krefeld überraschend“, erklärt Sprecher Dirk Senger auf Anfrage. Es solle nun geprüft werden, „ob die aufgeführten Kunstwerke überhaupt noch existieren und in wessen Besitz sich diese heute befinden“. Dies gelte „insbesondere im Fall Gurlitt“.
Die Stadt will klären, ob möglicherweise „Eigentumsansprüche“ geltend gemacht werden können. Dazu will man sich mit anderen betroffenen Städten beraten und „weitere Schritte“ prüfen.
Der Wuppertaler Museumschef Gerhard Finckh hat bereits im November gegenüber der WZ erklärt, er wolle die rund 500 in Wuppertal beschlagnahmten Werke zurückfordern. Er hat dazu einen Brief an die Staatsanwaltschaft Augsburg geschrieben. Besonders gut dürften seine Chancen nicht stehen: Juristen sind sich weitgehend einig, dass in solchen Fällen kein Rechtsanspruch auf Rückgabe besteht.