Rio 2016 Aline Fockens Olympia-Tag: Jetzt oder nie

Die Ringerin vom KSV Germania Krefeld will am Mittwoch Gold holen. Dafür braucht sie den perfekten Wettbewerb.

Alina Focken (hier im blauen Trikot gegen Anna Jenny Eva Maria Fransson) könnte am Mittwoch eine Medaille holen.

Foto: Paul Buck

Rio de Janeiro. Das passende Gewicht hatte Aline Focken schon am Montagabend erreicht. Weniger als 69 Kilogramm durfte sie zum offiziellen Wiegen gestern um 18 Uhr (MESZ) auf die Waage bringen. Was anstrengend ist, ist Aline Focken bei einem Normalgewicht von rund 74,5 kg nach all den Wettkämpfen zur Gewohnheit geworden: Ein bisschen hungern, trainieren, wenig trinken. Pflichten einer Ringerin vor dem Wettkampf. Erst nach dem offiziellen Wiegen darf das Gewicht wieder hoch gehen: Dann heißt es Elektrolyte aufnehmen. „Das Nach-der-Waage-Festessen“, sagt sie, „hat bei uns schon Tradition. Man könnte es auch Festfressen nennen.“

Mittwoch ist der Tag. Ihr Tag. Kampftag für die Ringerinnen bis 69 Kilo, die Jagd auf die Medaillen ist eröffnet, an diesem 17. August entscheidet sich für die Krefelderin, ob sich die lange Zeit der „sehr gut gelaufenen Vorbereitung“, wie Vater und Trainer Georg Focken sagt, gelohnt hat. Das Ziel: „Eine Medaille“, sagt der Vater. Und die Tochter? „Aline hat nur Gold im Sinn. Sie ist fokussiert. Und das muss sie auch sein. Sie hat quasi jahrelang auf diesen Tag hin trainiert. Und wir beide“, sagt der Vater, „haben dafür viele Qualen auf uns genommen.“

Ringen-Rudelgucken: Krefelder drücken Aline Focken die Daumen
18 Bilder

Ringen-Rudelgucken: Krefelder drücken Aline Focken die Daumen

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Wenn doch alles nur so leicht wäre. Auf den Erfolg programmierbar? Nein, gerade beim Ringen kann immer etwas passieren, die Tagesform muss stimmen, das gute Gefühl im Körper, vielleicht komme auch ein Schnupfen dazwischen, sagt Georg Focken. Sie braucht auch ein bisschen Glück, sagt er, aber: „Wenn sie gefordert war in der Vergangenheit, war Aline da.“ In der Tat: Weltmeisterin wurde sie 2014, ein Jahr später WM-Dritte.

Vielleicht helfen ihr auch die Kinderhörspiele, die sie vor den Kämpfen hört, ein Sportpsychologe gab ihr den Tipp, Aline hat es verinnerlicht. Bibi Blocksberg ist dabei. Das beruhigt sie, gibt der Ringerin vom KSV Germania Krefeld ein gutes Gefühl. Die 25-Jährige wohnt noch bei den Eltern, Vater Georg und Mutter Ulrike sind nun mit dabei in Rio. Auch ihr Freund Jan Rotter, ein Bundesliga-Ringer, und dessen Eltern haben die weite Reise nicht gescheut. Alles ist gerichtet für Aline, jetzt muss sie „nur“ noch ihre beste Leistung auf die Matte bringen. Bei Olympia, in Rio. Zwei Qualifikationsrunden sind zu bewältigen, dann geht es im Viertelfinale weiter.

Gold hat eine deutsche Ringerin noch nie gewonnen. Focken, die als Physiotherapeutin in Neuss arbeitet, aber hat viel eingesetzt, sich sogar von ihrem Job freistellen lassen. Früher hat sie regelmäßig Jungs niedergerungen, weil es zu wenige Mädchen in ihrem Sport gab. Dieses Problem hat sie heute nicht.

Die hübsche 25-Jährige ist überwältigt vom olympischen Dorf, von der zwei Fußballfelder großen Mensa, von der Carioca-Arena, in der am Mittwoch alles kulminiert. In Krefeld drücken die Vereinskollegen die Daumen, sie schauen gemeinsam TV, wenn das ZDF überträgt. Oder der Livestream aus der Carioca-Arena im Internet bemüht wird, weil gewiss mancher Kampf im Olympia-Gewirr auch untergehen wird. Nur am Ende sollte das ZDF drauf sein. Vielleicht ist Aline Focken dann auch noch dabei. Olympia kann wahnsinnig spannend sein.