Krefeld Meinung: Fünf Turnhallen - na und?
Krefeld. Die Diskussion um die Belegung von Turnhallen durch Flüchtlinge ist überflüssig. Weil niemand eine Glaskugel hat, kein OB, keine Partei, kein Sportverein. Dafür übernehmen gern Angst, Polemik, Frust und noch häufiger Unwissenheit die Argumentation.
Selbst wenn bald eine Halle wieder leergezogen werden kann, machen wir uns doch bitte klar: Es wird Jahre dauern, bis alle Stätten wieder bespielbar sind. Und das ist das Allermindeste, was wir Krefelder in dieser humanitären Katastrophe leisten können. Es ist gut, wenn OB Meyer in aller Vorsicht erklärt, dass aufgrund der relativen Ruhe im Flüchtlingszustrom die Josef-Koerver-Halle bald „leergezogen“ wird.
Es ist aber nur als Signal der verwaltungsseitigen Bemühungen zu verstehen. Meyer ist klug genug, keine Versprechungen zu machen. Niemand weiß, wie sich die Russland-Krise entwickelt, welche Idee Türkeis Erdogan morgen hat oder wann sich die Gelegenheit für tausende Fluchtwillige in Nordafrika ergibt. Es gibt nichts, was sie aufhalten kann. Kein Zaun, kein Risiko. Erst gestern haben wieder hunderte Menschen im Ozean ihr Leben gelassen. Hunderte Geschichten, hunderte Schicksale von hunderten Familien. Krefeld ist jedenfalls dabei, seine Hausaufgaben zu machen. Und dabei kann es nicht vordergründig darum gehen, Turnhallen freizuziehen.
Hallen übrigens, die teils schon vorher nicht im Topzustand waren und die erst aufwändig und lange wieder fitgemacht werden müssten. Es geht jetzt darum, Wohnraum zu schaffen, um zunächst mal die Überbelegungen in den Griff zu bekommen, die Helfer und vor allem Bewohner täglich an die Grenzen der Belastbarkeit bringen. Manch einer tut in den vielen Debatten um Schul- und Vereinssport contra Flüchtlinge so, als litte der Schul- und Vereinssport unter einem unvertretbaren Luxus für Flüchtlinge. Haben Sie mal ein paar Tage mit 200 anderen Fremden in einer Turnhalle gelebt? Ohne Privatsphäre?
Im nächsten Jahr laufen zudem die Verträge für die Traglufthallen aus, und die immer wieder zitierte Forstwaldkaserne ist keine Option. Sie gehört erstens dem Land, zweitens fehlt ihr als Dauerlösung völlig die integrative Anbindung an die Stadt. Drittens wird auch diese als Erstunterkunft des Landes benötigt, wenn der Flüchtlingsstrom wieder anzieht. Das kann schon morgen sein.
Darum ist es fern jeglicher Realität zu glauben, dass die fünf Turnhallen mittelfristig wieder zur Verfügung stehen. Sicher, das beschränkt viele Krefelder in gewohnten Standards. Aber bei den Problemen im Sommer 2016 sollte es verkraftbar sein. Was dazu passt, ist übrigens die vorbildliche Haltung von betroffenen Vereinen wie Bayer Uerdingen oder der HSG. Der Spagat zwischen den Interessen der Mitglieder und gesellschaftlichem Verantwortungsbewusstsein ist ungeheuer schwer. Chapeau!