17. Literarische Sommer Bov Bjerg liest zum Auftakt „Auerhaus“

Der 17. Literarische Sommer startet mit dem schwäbischen Autor. In seinem Roman geht es um eine Wohngemeinschaft in den 80ern.

Foto: Friedhelm Reimann

Krefeld. Die erste Lesung des Literarischen Sommers hielt der Schriftsteller Bov Bjerg mit einem Ausschnitt aus seinem Roman „Auerhaus“. Die Besucher in der Fabrik Heeder waren sehr angetan vom Auftakt der 17. Auflage. Und auch die Veranstalter: „Wir sind sehr stolz“, sagte Anette Ostrowski vom Literaturhaus, das zum Kulturbüro der Stadt Krefeld gehört, „dies ist die einzige Lesung Bjergs.“

Eingeladen wurde er übrigens auf besonderen Wunsch von Helga Krall. Sie gehörte bis Ende Juni zum Team der Mediothek Krefeld und wählt seit knapp zehn Jahren die Autoren für die Veranstaltung mit aus. „Bov Bjerg habe ich mir gewünscht“, sagt sie, und es ist so eine Art Abschiedsgeschenk, dass er die Einladung annehmen konnte.

Bov Bjerg, geboren 1965, ist Absolvent des Leipziger Literatur Instituts. „Ich wusste vorher gar nicht, dass es das gibt“, sagte er, der mit Begeisterung Seminare von Nadolny, Hürlimann oder Treichel besuchte. „Abschluss: Diplomschriftsteller“ — verkündete er nicht ohne Ironie, aber auch mit einer gewissen Zufriedenheit.

Bjerg — der Mann mit dem Pseudonym — stammt aus dem Schwäbischen und lebt in Berlin. Sein zweiter Roman ist äußerst erfolgreich: Rezensionsexemplare sind aus; wer sich einen kauft, ist bei der neunten Auflage; Berliner Theater (und nicht nur die) bringen ihn als Stück auf die Bühne; eine Verfilmung steht an. Grund dafür ist das, was man Authentizität nennt. Leser aller Altersgruppen finden sich oder einen Teil von sich wieder. „Ein junger Mensch berichtete mir, es erinnere ihn an sein Internat“, sagt der Autor. Gleichaltrige denken wehmütig an ihre Adoleszenz, und auch die Älteren hören andächtig zu.

In der Wohngemeinschaft Auerhaus dreht sich viel um die Frage nach Suizid. Frieder versucht ihn, und dann zieht er zusammen mit fünf Freunden in das Haus seines verstorbenen Großvaters. Vier dieser Figuren stellt Bjerg in seiner Lesung vor. Frieder, der nach dem Selbstmordversuch eine Zeit in der „Klapse“ verbringt; Vera, die Freundin des Ich-Erzählers (die schönste Frau), Erzähler Höppner (Frieders bester Freund im Irrenhaus am Rande der Stadt) und Cäcilia, die Tochter aus bestem Hause. Man befindet sich in den 80er-Jahren und ist überrascht von den Möglichkeiten der Freiheit.

Eine kuriose Gestalt taucht auf: Bauer Seidel bringt die frisch geschliffene Axt, die der längst verstorbene Großvater einst an Seidel verliehen hatte. Eine überraschende Gabe für das zurückgekehrte Familienmitglied, das ja schließlich gerade einen Selbstmord versucht hatte.

Seidel gibt den Titel, als er im Radio bei den jungen Leuten den Song „Our house“ hört. „Auerochse, Auerhaus“, sagt er lakonisch.

Die Perspektive des Erzählers liegt zwei, drei Jahre nach den Ereignissen: „Es ist ein Rückblick mit Melancholie“, sagt Bjerg. Wer sich ein Bild seines Humors machen möchte: Vielgefragtes auf bjerg.de.

In der kommenden Woche erscheint das neue Buch von Bjerg. „Die Modernisierung meiner Mutter“ umfasst „Geschichten zum Vorlesen“, sagt Bjerg, „es sind Geschichten mit längerer Halbwertszeit.“ Der erste Roman „deadline“ erschien 2008 im Mitteldeutschen Verlag und ist inzwischen vergriffen.