„Phosphor verätzte meine Kopfhaut“
Therese Spielhagen wurde von Gymnasiasten des MSM befragt.
Krefeld. Im Juni 1943 war Therese Spielhagen erst drei Jahre alt. Dennoch kann sich die Krefelderin an die Ereignisse der Bombennacht haarklein erinnern. „Es geht mir einfach nicht mehr aus dem Kopf raus“, erklärt die 73-Jährige ihre im Gedächtnis fest verankerten Erinnerungen.
Vier Schülerinnen blicken gebannt auf Therese Spielhagen, die ihnen als Zeitzeugin von der Nacht auf den 22. Juni 1943 erzählt. Svenja (14), Sunna (14), Anne (15) und Nele (15) behandeln das Thema im Geschichtskurs der neunten Klasse des MSM-Gymnasiums in Fischeln.
Therese Spielhagen lebte mit ihrer Mutter allein in einer Wohnung an der Seidenstraße. Ihr Vater war als Offizier im Krieg. „Als die Sirenen in der Nacht losgingen, holte mich meine Mutter aus dem Bett. Sie nahm einen Koffer mit den wichtigsten Dokumenten und wir gingen in den Keller, wo schon die Nachbarn waren.“
Der Lärm der Bomben und Luftminen war gewaltig. „Christbäume“ standen am Himmel. „Die Flugzeuge warfen Leuchtfolien ab, um sehen zu können, wo sie sich befinden“, erklärt Therese Spielhagen den Schülerinnen. Die Keller der Häuserzeile waren nur provisorisch zugemauert, man konnte sich auf diese Weise leicht in einen anderen Keller retten.
Als der Krach des Luftangriffs immer schlimmer wurde, flüchteten alle in den Nachbarkeller. „Dort saßen die Leute auf ihren Koffern an der Wand angelehnt. Sie waren alle tot. Die Phosphorbomben hatten ihre Lungen zerstört. Sie waren erstickt“, sagt Spielhagen. „Wir dachten erst, es regnet. Aber es war der Phosphor, der die Wände hochkrabbelte und von der Decke tropfte. Ich bekam einige Tropfen ab. Die verätzten meine Kopfhaut und mir fielen Tage später die Haare aus.“
Das Zuhause von Therese Spielhagen war zerstört. „Wir waren verschüttet.“ Ihr Großvater buddelte gemeinsam mit der Feuerwehr ein Loch bis in den Keller und warf Seile herunter. „Die befestigten wir an der abgerissenen Holzkellertreppe. Die Männer zogen die Treppe hoch und wir konnten über die wackeligen Sprossen ins Freie klettern. Meine Mutter hielt mich wie ein Paket im Arm.“
Die Mutter von Therese Spielhagen war Halbjüdin. Der Vater ließ seine Beziehungen spielen und brachte die Familie in ‚s-Hertogenbosch in den Niederlanden unter.
Das Kriegsende erlebten sie als geduldete Flüchtlinge im Schwarzwald. Familie Spielhagen kehrte in ihre Heimat nach Krefeld zurück. „Ich rede mir gerne den Mund fusselig“, sagt Therese Spielhagen: „Leute, lasst es nie wieder geschehen!“ fie