Überblick Polizei schießt im Krefelder Cinemaxx auf Verdächtigen nach Bränden: Was wir wissen – und was nicht
Krefeld · In Krefeld ist ein Tatverdächtiger im Cinemaxx durch die Polizei niedergeschossen worden. Zuvor soll es mehrere Brandstiftungen gegeben haben. Was wir wissen – und was nicht.
In Krefeld ist am Donnerstagabend nach drei bestätigten Bränden ein Tatverdächtiger von der Polizei im Cinemaxx angeschossen worden. Auch an der Schwertstraße/ Ecke Vereinsstraße kam es zu einem größeren Einsatz. Der Überblick.
Das Wichtigste in Kürze:
- Zum Tatverdächtigen: Bei dem Tatverdächtigen soll es sich um einen „38-jährigen Krefelder mit iranischer Nationalität“ handeln. Das erklärte die Polizei am frühen Freitagmorgen. Die Motivlage des mutmaßlichen Tatverdächtigen, der am Cinemaxx von Kräften der Polizei angeschossen wurde, war laut den Angaben zunächst weiter unklar. Es soll Hinweise auf eine psychische Erkrankung des Tatverdächtigen geben, berichtete die Deutsche Presseagentur mit Verweis auf Sicherheitskreise. „Es ist nicht das erste Mal, dass der Mensch aufgefallen ist. Er ist mehrfach aufgefallen – als jemand, der Ärger macht“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul.
- Zum Einsatz beim Cinemaxx: Der Verdächtige lief nach Angaben der Polizei ins Foyer des Cinemaxx und versuchte noch dort, einen Brand mit einer brennbaren Flüssigkeit zu legen. Das verhinderte ein Polizeibeamter mit dem Gebrauch der Schusswaffe. Im Foyer hielten sich wohl zwei Mitarbeiter des Kinos im Kassenbereich auf. Seelsorger waren nach dem Vorfall vor Ort im Einsatz. Mehr als 100 Besucher befanden sich insgesamt im Kino.
- Zum Anschlagsgerücht: Laut Polizeiangaben gab es weiter keine Hinweise auf einen Anschlag. Auch von einem Amoklauf sprach die Polizei zunächst am Freitag nicht. Die Ermittler gingen von einem Einzeltäter aus. NRW-Innenminister Herbert Reul wertete die Tat als versuchten Mord.
- Zu den Auswirkungen: Es bestehe keine Gefahr für die Bevölkerung, es sei niemand durch den Tatverdächtigen verletzt worden, hieß es glücklicherweise bereits am Donnerstagabend.
- Zu den mutmaßlichen Brandstiftungen: Laut Polizeiangaben gab es drei mutmaßliche Brandstiftungen im Bereich der Innenstadt: Am Drogenhilfezentrum an der Schwertstraße wurde offenbar ein Fahrzeug der Drogenhilfe beschädigt, eine Scheibe des Fahrzeugs war zerborsten. Der Tatverdächtige soll sie eingeschlagen haben und dann den Wagen entzündet haben, so die Polizei. Bei der Agentur für Arbeit war ebenfalls eine Fensterscheibe beschädigt.Hier soll der Verdächtige einen Brandsatz entzündet haben. Ein weiterer Bereich am Kreisel Schwertstraße/Vereinsstraße war am Abend abgesperrt, zahlreiche Einsatzkräfte der Feuerwehr waren vor Ort. Laut Polizei war es bei einem Gebäude zu einem weiteren der Brände gekommen. Offenbar brannte es im Dachgeschoss eines Wohngebäudes an der Schwertstraße.Es soll sich um die Wohnung des Tatverdächtigen gehandelt haben, so die Polizei am Freitag. Längere Zeit kreiste offenbar ein Polizeihubschrauber über diesem Einsatzort, berichtete ein WZ-Reporter.
- Der Morgen danach: Im Bereich der Schwertstraße, wo es einen Wohnungsbrand und den Brand am Fahrzeug der Caritas-Drogenhilfe gab, war am Freitagmorgen kaum noch etwas vom dortigen Einsatz zu sehen. An einigen Masten hing noch Flatterband der Feuerwehr lose herum. Einige Anwohner blickten zweifelnd zur Dachgeschosswohnung hinauf, wo es gebrannt haben soll. Am Cinemaxx waren ebenfalls keine Polizeikräfte mehr zu sehen. Das Kino blieb an diesem Tag geschlossen.
- Der Überblick mit Eindrücken unserer Reporter vom Abend des Geschehens:
Nach Brandserie in Krefeld: Polizei bittet um Video-Aufnahmen von Zeugen
Ein Hubschrauber kreist über der Schwertstraße. Der Bereich um den kleinen Kreisverkehr mit der Vereinsstraße ist abgesperrt. Zahlreiche Kräfte der Feuerwehr sind zu sehen. Ein Fahrzeug der Drogenhilfe der Caritas ist ebenfalls mit Flatterband umrandet. Das Blaulicht erhellt flackernd die Gesichter der Schaulustigen. Ein Zeuge geht auf eine Polizistin zu, berichtet von einem Mann, der hier schon mal im Bereich der Tankstelle aufgefallen sei. Dortige Überwachungskameras könnten das gefilmt haben. Dass der Verdächtige, der mutmaßlich mit einer Brandserie Krefeld für ein paar Stunden in einen Ausnahmezustand versetzte, schon vorher auffällig war, sollte am Tag nach den Geschehnissen NRW-Innenminister Herbert Reul bestätigen. Nach Angaben eines Polizeisprechers lebte der Mann mit iranischer Nationalität schon länger in Krefeld.
An der Schwertstraße begann es am Donnerstagabend: Der 38-Jährige wird verdächtigt, zunächst die Fensterscheibe des Autos der Caritas-Streetworker des Drogenhilfezentrums eingeschlagen und den Wagen entzündet zu haben. Anschließend legte er einen Brand in seiner Wohnung, die sich ebenfalls an der Schwertstraße befindet und bei der Agentur für Arbeit. Am Ende fällt im Foyer des Cinemaxx-Kinos am Hauptbahnhof ein Schuss der Polizei, um den Mann zu stoppen – als er dort mit einer brennbaren Flüssigkeit einen weiteren Brand verursachen will.
Was wir zum Ablauf des Abends wissen: Um 19.53 Uhr geht die Meldung über einen Brand in einer Dachgeschosswohnung in einem Mehrfamilienhaus an der Schwertstraße bei der Leitstelle der Feuerwehr ein. Ein Zimmer habe gebrannt, niemand habe sich mehr in den Räumlichkeiten befunden, erklärte ein Sprecher der Feuerwehr unserer Redaktion. Die Einsatzkräfte setzten unter anderem eine Drehleiter ein. Die Polizei stellt später fest, dass es sich um die Wohnung des Verdächtigen handelt. Zuvor war es zum Brand am Caritas-Fahrzeug gekommen.
Um 20.08 Uhr sei dann ein Brand bei der Agentur für Arbeit gemeldet worden. Hier brannte ein Eckbüro im Erdgeschoss, eine Fensterscheibe war zersplittert, die Schäden blieben gering. Mit welchen Mitteln der Verdächtige die Brände gelegt haben könnte, ließ die Polizei zunächst offen.
Eine Spur der Verwüstung, die schließlich zum Cinemaxx führt. Vor dem Kino kann die Polizei den Mann als Tatverdächtigen ausmachen, erklärte ein Polizeisprecher unserer Redaktion. Ein im Internet kursierendes Video zeigte die hektisch wirkende Szene. Mehrere Kräfte der Polizei eilen ins Foyer. Danach ist ein lautes Knallgeräusch aus dem Inneren zu hören. Im Foyer soll der Verdächtige die brennbare Flüssigkeit ausgeschüttet haben. Die Polizisten verhinderten Schlimmeres.
Zwei Mitarbeitende, die sich zu diesem Zeitpunkt wohl im Kassenbereich befanden, mussten das Geschehen miterleben, berichtet Theaterleiter Markus Marschall. Mehr als 100 Menschen hielten sich zu dem Zeitpunkt in den oberen Bereichen der Kinosäle auf, so die Polizei. Die Feuerwehr rückte mit der Sondereinsatzgruppe Betreuung an, um sich um die Menschen zu kümmern. Fünf Seelsorger waren im Einsatz, erklärte ein Feuerwehrsprecher. Das Cinemaxx blieb am Freitag geschlossen, eine zuvor angesetzte Versammlung konnte zum Gespräch über die Vorkommnisse genutzt werden. Glücklicherweise sei niemand verletzt worden, jedoch müsse das Geschehene verarbeitet werden, so Marschall.
Wenig Zeit ließen sich einige mit der Einschätzung der Vorfälle. Am späteren Abend gab es bundesweit Eilmeldungen, es wurde von einem Anschlag oder einer Amoktat gesprochen. Bestätigen konnte dies die zuständige Pressestelle der Polizei in Essen unserer Redaktion zu keiner Zeit. Am Freitag blieben die Ermittler bei dieser Einschätzung, keine Amoktat, keine Hinweise auf einen Anschlag. Das entsprechende Motiv fehlte, es habe keine Angriffe auf Menschen gegeben, erklärte ein Sprecher der Polizei. Der Verdächtige sei nicht als Extremist erfasst, hieß es. Zum Zeitpunkt der Anschlagshysterie hatte die Polizei schon Entwarnung gegeben. Es handelte sich offenbar um einen Einzeltäter, es bestehe keine Gefahr für die Bevölkerung.
Oberbürgermeister Frank Meyer war ebenfalls zum Cinemaxx geeilt, hielt sich aber auch am Freitag noch mit einer Einschätzung zurück. „Ich möchte allen Einsatzkräften meinen Dank aussprechen und bin sehr froh, dass eine mögliche schlimmere Entwicklung durch das Eingreifen der Polizei verhindert werden konnte.“
Das Drogenhilfezentrum und die Agentur für Arbeit hatten am Freitag wieder normal geöffnet.
Wer Videos der Tat gemacht hat, wird gebeten, sie der Polizei zukommen zu lassen. Das ist über das Hinweisportal der Ermittler möglich.