Polizist hält Gutachter und Gericht auf Trab

Ein Fahrer soll 80 Euro Strafe zahlen, weil er Sand nicht bewässert hat.

Krefeld. „Es ist immer wieder das gleiche Lied“, schimpft der Anwalt des Berufskraftfahrers B. aus Krefeld. „Ständig erwischt es Krefelder Lkw-Fahrer, immer wegen ungesicherter Ladung. Und immer wieder angezeigt von demselben Polizisten.“ Gegen einen solchen Bußgeldbescheid wollte sich jetzt auch sein Mandant wehren. Der soll nämlich laut Anzeige seinen Lkw mit Sand beladen und dann nicht ausreichend befeuchtet haben. Nur so könne man eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch herunterwehenden Sand verhindern.

Im Spätsommer 2010 war B. mit rund 11 Tonnen Sandgemisch für ein Krefelder Tiefbauunternehmen auf dem Weg zu einer Baustelle im Nordbezirk. Kurz vor dem Ziel hielt ihn Motorradpolizist S. (42) an, kletterte auf die Ladefläche, machte Fotos und sagte, B. würde von ihm hören. Wenig später kam es schriftlich: Der Fahrer erhielt einen Bußgeldbescheid über 80 Euro und einen Punkt in Flensburg.

Als B. Einspruch erhob, gab der Motorradpolizist vor dem Amtsgericht an, dass er Lkw anhalte, sobald er eine Ladung sehe. Aber er sei kein Fachmann, die abschließende Expertise solle doch ein Sachverständiger liefern. Der stellte jetzt sein Gutachten vor und erklärte, dass er aus Wetterdaten, Sandmenge und Fahrzeiten gelesen hätte, dass die Ladung von Fahrer B. seinerzeit tatsächlich nicht verkehrssicher gewesen sein könne. So muss Fahrer B. jetzt doch 80 Euro zahlen und nach 25 Berufsjahren seinen ersten Punkt in Flensburg kassieren.

Andere hatten mehr Glück. Auch Fahrer des Krefelder Fuhrunternehmers Jakob Simons waren von dem Kradfahrer angezeigt worden. Auch dort wurden Gutachten erstellt, doch diese hatten die Fahrer entlastet. „Das ist trotzdem ärgerlich. Alles kostet viel Zeit und Energie. Die Polizei zeigt an, kennt sich aber nicht aus, und jedes Mal muss der Steuerzahler rund 500 Euro für ein Gutachten berappen“, sagt Simons.

Die Richtlinien des Verbandes deutscher Ingenieure (VDI) helfen in solchen Fällen nicht weiter. Die empfehlen nur, eine Ladung zur Absicherung zu befeuchten oder mit einer Plane zu bedecken. Eine verbindliche Vorschrift ist dies nicht. Und ob der Polizeibeamte S. nur seine Pflicht tut, oder sich gar auf einem „Kreuzzug“ befindet, darüber könnte trefflich diskutiert werden. „Allerdings nicht hier bei mir“, erklärte der Richter, der die Simons-Fahrer frei sprach „Ansonsten muss man ja annehmen, dass die Krefelder Fuhrunternehmer unter Verfolgungswahn leiden.“