Biodiversität Linde im Kaiserpark verliert ihre Schleppe

Krefeld · Bei den Germanen galt die Linde als heiliger Baum. Auch die mit der Anlegung der Krefelder Parks von den Seidenbaronen beauftragten Gartenmeister schätzten diesen Baum. Im Kaiserpark, Mitte des 19. Jahrhunderts als Botanischer Garten angelegt,  stehen einzelne Exemplare neben Kiefer, Eiche, Lärche und Trauerweide.

Die rund 55 Jahre alte Kaiserlinde nahe des Schütte-Pavillons im Kaiserpark nach aktuellem Rückschnitt (l.) und daneben mit den bis auf den Boden hängenden Zweigen im vergangenen Herbst.

Foto: Yvonne Brandt

Ein besonders schönes und gleichmäßig gewachsenes Exemplar, mit bis auf den Boden hängenden starken Zweigen - der sogenannten Schleppe, steht nahe des Schütte-Pavillions und der Kreuzung Kaiserstraße Ecke Wilhelmshofallee. Doch nachdem bereits im November 2020 zwei starke Zweige vom KBK einseitig zum Weg gestutzt und damit die Symmetrie zerstört war, sind vor wenigen Wochen nun alle unteren Äste abgeschnitten worden und die Anmutung einer Trauerlinde dahin.

Im November 2020 hatten Mitglieder der damaligen Bürgeraktion Baumschutz vor Ort auf die „nicht fachmännischen Schnitte mit Hakenbildung“ hingewiesen. Nach der ZTV-(Zusätzlich Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien) Baumpflege hätte das so nicht gemacht werden dürfen. Laut Kommunalbetrieb hingegen seien das Stamm- und Stockaustriebe gewesen, die regelmäßig abgeschnitten werden müssten. In einer neuen Stellungnahme heißt es: „Die zwei zum Weg hinwachsenden Äste wuchsen in den Geh- und Radweg und mussten aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht gekappt werden.“ Bei Spaziergängen daran vorbei, war davon jedoch nichts zu sehen. Vielmehr drängte sich der Gedanke auf, dass die beauftragten Firmen beim Rasenmähen von nun an problemloser an den Baumstamm rankommen würden .

Kronenpflege ist laut KBK zwingend erforderlich gewesen

Jetzt ist das sogenannte Lichtraumprofil angehoben worden, die unteren Äste entfernt. „Die aktuellen Baumpflegemaßnahmen resultieren aus den Ergebnissen der vorgeschriebenen Baumkontrollen“, erklärt der KBK.  Die Linde stehe sehr nah am Gehweg und müsse daher regelmäßig, auch im Kronenbereich, auf die nötige Verkehrssicherheit geprüft werden. Die letzte Baumkontrolle habe ergeben, dass eine Kronenpflege zwingend erforderlich sei. „Die Arbeiten wurden von einer vom KBK beauftragten Firma ausgeführt und von Mitarbeitern des KBK begleitet und geprüft.“ Doch im Kronenbereich selbst ist mit bloßem Auge nichts zu sehen.

Ein Experte der  neuen Krefelder Baum Arbeitsgruppe des BUND (Bund für Umwelt und Natuschutz Deutschland) hat sich die „gestutzte Kaiser-Linde“ im Kaiserpark zwischenzeitlich angeschaut. Die Schnitte seien in Ordnung. Man habe sich an die ZTV-Baumpflege gehalten, lautet der Kommentar.

Die richtige Pflege von Bäumen, vor allem in alten Parkanlagen, ist eine Kunst für sich. Ob es beim KBK einen Baumexperten für historische Parkanlagen gibt, lautet eine Frage an den KBK-Sprecher. Der antwortet, wie folgt: „Der Kommunalbetrieb Krefeld beschäftigt mehrere Kolleginnen und Kollegen mit Fachkenntnissen im Bereich der Baumunterhaltung. Zu nennen sind hier die Fachagrarwirte im Bereich der Baumpflege, die FFL-zertifizierten Baumkontrolleure sowie die European-Tree-Worker. Das Wissen der Kollegen reicht von der Pflanzung von Jungbäumen bis hin zur Pflege viele hundert Jahre alter Naturdenkmäler.“

Und davon hat die Stadt Krefeld aus der Zeit der Samt- und Seidenindustrie mit mehr als 700 im Baumkataster eingetragene Bäume viele. Insgesamt sind knapp 73 000 städtische Bäume dort aufgelistet. „Die Kaiserlinde  ist bekannt für einen starken Ausschlag, der die Pflegeschnitte schnell wieder vergessen lässt und eine neue Schleppenbildung ermöglicht“, erklärt der KBK-Sprecher.