Prostituierte spricht über Gewerbesteuer: "Lieber anonym bleiben"

Politik und Polizei fordern eine Anmeldung. Eine Sex-Arbeiterin berichtet der WZ, welche Folgen das hätte.

Viele Prostituierte sorgen sich auch um das "Leben danach".

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Krefeld. Stefanie Meier und Sabine Müller (Namen von der Redaktion geändert) legen sehr viel Wert auf Anonymität. Das hängt mit ihrer Profession zusammen — Stefanie Meier vermietet Wohnungen an Prostituierte und Sabine Müller arbeitet als Prostituierte.

Stefanie Meier: „Wenn bekannt wird, dass man als Prostituierte arbeitet, ist man überall unten durch. Das ist wirklich ein Riesenproblem, deshalb führen fast alle Prostituierten ein Doppelleben.“ Und Sabine Müller ergänzt: „Als bekannte Prostituierte hat man auch ganz schlechte Karten, wenn man irgendwann mal einen anderen Job haben will.“

Diese Anonymität aber sehen die beiden gefährdet, sollten die Verantwortlichen bei der Stadt Krefeld beschließen, dass selbstständige Prostituierte künftig ein Gewerbe anmelden müssen. Stefanie Meier: „Wenn man einen Gewerbeschein beantragen muss, ist es nicht mehr möglich, offiziell als Masseurin oder Wellness-Coach tätig zu sein. Dabei ist diese Art der Diskretion auch für die Gäste sehr wichtig.“

Darüber hinaus sehen die beiden bei einer obligatorischen Gewerbeanmeldung weitere Probleme: Stefanie Meier sorgt sich, dass es dann für die Wohnungen, in denen Prostitution betrieben wird, zu viele — und letztlich unerfüllbare — Vorgaben bezüglich der baulichen Infrastruktur geben würde. Sabine Müller befürchtet, dass die Gewerbesteuer zu erheblichen finanziellen Mehrbelastungen führen könnte.

Daher fordern beide unisono, dass selbstständige Prostitution bezüglich des Gewerbe-, Bau- und Steuerrechts als freiberufliche Tätigkeit anerkannt wird. Das, betont Stefanie Meier, solle natürlich nicht für Bordelle gelten: „Klar, dass die Gewerbesteuer zahlen müssen.“

Im Übrigen gehen sie beide davon aus, dass die Reglementierungen, die mit einer Gewerbesteuer für selbstständige Prostituierte einhergehen würden, auch die zahlreichen Probleme der Armutsprostitution nicht lösen könnten. Stefanie Meier: „Hier müsste man das Prostitutionsgesetz ändern, statt eine Gewerbepflicht einzuführen.“ Sie könnte sich beispielsweise eine Art verpflichtende Einstiegsqualifikation für den Beruf der Prostituierten vorstellen: „Ein Anfang wären zum Beispiel Infektionsschutz-Schulungen durch das Gesundheitsamt.“