Schraubenzieher-Angriff: Wenn der Falsche auf der Anklagebank sitzt

Krefeld. Die Richterin am Amtsgericht schüttelt ratlos den Kopf. „Warum hat es denn nicht vor dieser Verhandlung eine Gegenüberstellung gegeben“, fragt sie. So ist nach 29 Minuten klar, dass der Angeklagte freizusprechen ist.

Sedat M. (Name von der Redaktion geändert) war der gefährlichen Körperverletzung angeklagt. Er soll im Mai in einer Autowerkstatt an der Oppumer Straße einen Kontrahenten mit einem Schraubenzieher angegriffen und ihn dabei mit zwei Stichen in den linken Oberarm verletzt haben.

Der 27-jährige Arbeitslose, der sich vom Einkommen seiner Frau (1100 bis 1300 Euro) und Gelegenheitsarbeiten über Wasser hält, erklärt zu Verhandlungsbeginn: „Ich weiß überhaupt nicht, warum ich hier auf der Anklagebank sitze.“ Die Zeugen, die er auf dem Flur gesehen habe, kenne er nur flüchtig bis gar nicht.

Der erste Zeuge ist der Inhaber der Werkstatt. Er wolle nur durch seinen Mitarbeiter erfahren haben, dass es im Umfeld seines Betriebes am 2. Mai dieses Jahres eine Schlägerei gegeben hätte. Den Angeklagten kenne er auch nur flüchtig. Auf die Frage der Richterin welche Rolle eine Motorradgang bei der Schlägerei gespielt habe, zuckte er mit den Schultern. „Keine Ahnung“.

Für den Freispruch sorgt endgültig der zweite Zeuge V. (32): „Der ist das definitiv nicht, ich kenne ihn nicht“, sagt er in Richtung des Angeklagten. Präzise schildert er den Täter, der ihn nach einem Streit um den Kauf eines Fahrzeugs angegriffen habe, als „über 1,90 Meter groß, lange Haare, schlank bis kräftig“. Sedat M. ist aber höchstens 1,80 groß, hat zwar lange Haare, ist aber eher rundlich. Die Polizei muss nun die Ermittlungen neu aufnehmen.