Nur für das Semesterticket? So viele "Phantom-Studenten" gibt es an der Hochschule Niederrhein

Krefeld · Auch an der Hochschule Niederrhein gibt es sie: Menschen, die sich mit einer Einschreibung Vorteile sichern wollen. Viele sind offenbar nur scharf auf das NRW-Semesterticket.

Wer in NRW viel mit dem Zug unterwegs ist, zahlt monatlich schnell mehr als hundert Euro.

Foto: dpa/Oliver Berg

An den großen Universitäten in Düsseldorf und Köln sind es laut Schätzungen Tausende. An der Hochschule Niederrhein könnten es Hunderte sein – Menschen, die sich zwar für ein Studium einschreiben, aber überhaupt nicht die Absicht haben, einen Abschluss zu machen. Verkehrsverbünde in Nordrhein-Westfalen kritisieren das. Sie gehen davon aus, dass viele nur den formalen Weg an eine Hochschule nehmen, um das im Vergleich günstigere NRW-Semesterticket nutzen zu können. Die Hochschule Niederrhein schätzt, dass sich an den Standorten in Krefeld und Mönchengladbach für das Wintersemester 2017/18 850 „Phantom-Studenten“ für ein Studium im Bachelor eingeschrieben haben. „Das wären sieben Prozent unserer Bachelorstudierenden“, erklärt Pressesprecher Christian Sonntag gegenüber unserer Redaktion. Insgesamt habe es in dem Semester 12 448 Bachelorstudierende gegeben. 1074 hätten in dem Semester keine Kreditpunkte geholt, was aber auch fachliche oder private Gründe haben könne.

Semester-Ticket ist viel günstiger als gängige Abo-Angebote

Was hat das mit dem Semesterticket zu tun? Die Rechnung ist einfach: Der Semesterbeitrag kostet Studierende der Hochschule Niederrhein rund 300 Euro alle sechs Monate. Schon für ein Ticket 1000 der Preisstufe B (von Krefeld nach Düsseldorf) werden mehr als 100 Euro pro Monat fällig. Der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) hatte Schein-Studierende zuletzt kritisiert. Es sei „ein fatales Zeichen für die Gesellschaft“, hatte ein Sprecher gegenüber der Deutschen Presse-Agentur gesagt. Denn der Nahverkehr bekomme neben Erlösen aus Ticketverkäufen Geld von der öffentlichen Hand.

So deutlich wird ein Sprecher des hiesigen Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) gegenüber unserer Redaktion nicht. Aber klar sei: Es handle sich um eine „Ausnutzung von Sozialleistungen“. Der VRR spreche regelmäßig mit Vertretern von Studenten und Hochschulen, um Lösungen zu finden. Aber: Der Verkehrsverbund könne das nicht kontrollieren, das sei in erster Linie Aufgabe der Universitäten. An der Hochschule Niederrhein sind verschiedene Maßnahmen ergriffen worden. Sprecher Christian Sonntag nennt das Beispiel Elektrotechnik/Informatik.

Da der Studiengang ohne Numerus Clausus auskomme, habe der Fachbereich Maßnahmen ergriffen, um den Anteil der Schein-Studenten zu senken. So sei ein Online-Assessment-Center und ein Pflichtpraktikum zu Beginn des Studiums eingeführt worden. Der Anteil der Einschreibungen ohne Studienabsicht sei dadurch von 20 auf 13 Prozent gesunken.

Nachteile ergeben sich laut Sonntag für die Hochschule vor allem bei der Planung. „Wenn man von 200 Studierenden für eine Vorlesung ausgeht und entsprechend einen Raum bucht, dann aber nur 120 kommen, ist das ein Ärgernis“, so der Sprecher.

Bei der Anzahl der Studierenden geht es aber auch um Steuergelder: Über den Hochschulpakt bekomme die Hochschule Geld für jeden Studienanfänger, der über eine Basiszahl hinausgehe. Pro Studienanfänger im ersten Semester seien das 18 000 Euro. Weitere 4000 Euro fließen, wenn der Student seinen Abschluss im ersten Studium macht.

Demnach könne das Phänomen der Phantom-Studenten als ein Problem der Politik angesehen werden, so der Hochschulsprecher. Auf der anderen Seite gehe es für die Unis auch um die Reputation. Keine Hochschule wolle ein Anlaufpunkt für Schein-Studenten sein. Das sei nicht gut fürs Renommee.