WZ Wissen „Unsere Vorfahren sind die Angsthasen“

Krefeld · „Simplify yor life“-Autor Werner Küstenmacher war zu Gast in der Reihe WZ Wissen. Er erklärte, welches Einfluss das limbische System auf unser Leben nimmt – und nahm.

Werner Küstenmacher erklärte das menschliche Gehirn und zeichnete dazu live Karikaturen.

Foto: Mark Mocnik

Aufräumen und entrümpeln ist im Trend. Die japanische Beraterin, Bestsellerautorin und Netflix-Star Marie Kondo macht es zurzeit gerne vor. Werner „Tiki“ Küstenmacher war mit seinem 2001 erschienenen Buch „Simplify yor life“ diesem Trend schon früh auf der Spur. Nun gastierte er bei WZ Wissen in Krefeld und nahm die Zuschauer im Canon Convention Center mit in die Welt der Ordnung – und gab zugleich einen Grundkurs im Karikaturenzeichnen. Ganz leicht sieht es aus, wenn man Küstenmacher zuschaut, wie er seine Figuren mit Hilfe einer Kamera für alle sichtbar an die Wand zaubert.

Im Gegensatz zu Marie Kondo sei er ein „softerer Entrümpler“, erklärte Küstenmacher. So hatte er einige Ratschläge parat, wie man für mehr Ordnung im Leben sorgt. Man sollte die Kraft der kleinen Schritte nicht unterschätzen. Sich lieber erst einmal eine Schublade vornehmen, als gleich den ganzen Keller. Die dann aber richtig. Aufräumen sollte man außerdem nicht dann, wenn man gerade mal Zeit hat, sondern wenn der Druck besonders hoch ist. Dann sei der Effekt umso größer.

Das Gehirn ist auch für das Einkaufsverhalten zuständig

Küstenmachers Hauptthema in Krefeld war aber der Blick in unser Hirn, genauer gesagt in das limbische System, das Küstenmacher „Limbi“ nennt und als possierliches kleines Wesen zeichnet. Das klingt doch so viel besser als „innerer Schweinehund“. Ob man nun das Aufräumen angehen oder mit dem Joggen anfangen möchte – wichtig sei, sich dabei „Limbi“ zum Freund zu machen, indem man den Fokus auf das positive Ergebnis und nicht auf den vielleicht mühsamen Weg dorthin legt.

„Limbi“ ist auch für unser Einkaufsverhalten verantwortlich. Wenn man im Elektronikmarkt in der ersten Reihe die richtig teuren Riesenfernseher sieht, sind das die Ankerpreise, die „Limbi“ unter Druck setzen. Dagegen sehen die niedrigeren Preise in der zweiten Reihe dann doch gleich viel besser aus.

„Limbi“ sorgt für so manche Fehleinschätzung, weil es die negativen Entwicklungen viel stärker wahrnimmt als die positiven. Evolutionär sei das auch einmal richtig gewesen. Schließlich soll unser Hirn uns vor Gefahren schützen. Nur wer vorsichtig war, konnte fortbestehen. „Unsere Vorfahren sind die Angsthasen“ – so brachte es Küstenmacher auf den Punkt. Doch was sich lange bewährt habe, sei heute eher ein Nachteil, könne es doch zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung führen.

Grundsätzlich aber gilt: „Wir sind als Menschheit auf einem guten Weg.“ Der evangelische Theologe und Journalist hatte gleich einige Beispiele dafür parat. Weltweite Impfquote gegen Masern, Mumps, Röteln oder Schulbildung für Mädchen – das Krefelder Publikum fiel bei der Einschätzung gnadenlos durch. Denn beides hat weitaus bessere Werte zu bieten, als die Zuhörer mehrheitlich vermuteten. Von Kindersterblichkeit über die Anzahl der Kriegstoten bis hin zu Einbruchszahlen in Deutschland hatte Küstenmacher weitere Beispiele dafür, wie sich unsere Welt positiv entwickelt hat. Sich nicht allein auf seine Emotionen zu verlassen, sondern nach den Fakten zu fragen, sei daher besonders wichtig, um „Limbi“ im Griff zu halten.

Einen wichtigen Rat habe er beim Fahrsicherheitstraining gelernt. Ist man mit dem Auto in Schwierigkeiten und in einer Allee unterwegs, sollte man nicht auf die Bäume schauen, sondern die Lücken suchen – und die erste auch nehmen. Man müsse eine Neubewertung vornehmen, um nicht die Bäume, sondern die Zwischenräume, also die Möglichkeiten, zu sehen. Aber: „Limbi ist auf Ihrer Seite“, so Küstenmacher.

Mit dem Vortrag von Werner Küstenmacher ist die erste Ausgabe der Reihe WZ Wissen in Krefeld mit insgesamt acht Vorträgen zu Ende gegangen, die von WZ, Canon und der Veranstaltungsagentur Sprecherhaus veranstaltet wurde. Sprecherhaus-Geschäftsführerin Nadin Buschhaus verabschiedete die Zuschauer und machte Hoffnung auf eine Fortsetzung.