Wenn Baurecht biegsam wird
Wendet die Stadtverwaltung im Landschaftsschutzgebiet zweierlei Maß an? Ein Fall für die Kommunalaufsicht.
Krefeld. Steinrath Nummern 8a und 8b im äußersten Süden Fischelns: Hinter dem Baudenkmal Beeckhof sind im vergangenen Jahr zwei Einfamilienhäuser mit Kellergaragen gebaut worden, die nun die Bauaufsicht der Bezirksregierung in Düsseldorf beschäftigen. Denn die Stadt ist in den Verdacht geraten, ein bisschen viel Ausnahme vom Baurecht in Außenbezirken gemacht zu haben.
"Das ist eine richtig dicke Akte", erklärt Sarah Saretzki vom Pressestab des Regierungspräsidenten Jürgen Büssow, "die Prüfung wird einige Zeit in Anspruch nehmen."
Die Neubauten im Landschaftsschutzgebiet in der Gemarkung Grundend sind seit Januar 2008 ein Thema in der Fischelner Bezirksvertretung. Aber die Ortspolitiker scheinen überfordert zu sein. Doris Nottebohm (SPD) gibt zu: "Die vielen Ausnahmemöglichkeiten des Paragraphen 35 Baugesetzbuch - da blicke ich nicht durch. Ich muss mich auf die Fachleute in der Verwaltung verlassen."
Für Erhard Hoffmann von der Dohmenstraße ist die Lage hingegen ziemlich klar: "Rechtsgültige Bebauungspläne können und werden von der Bauaufsicht Krefeld nach Ermessen der Mitarbeiter geändert." Zum wiederholten Mal sei in Fischeln eine Baugenehmigung an einen bestimmten Bauträger erteilt worden, die Voraussetzungen hierfür seien für den normalen Bürger jedoch nicht nachvollziehbar.
Hoffmann wundert sich: "Auf dem in Eigentumswohnungen umgewandelten Hof durfte nur ein Carport gebaut werden. Die neuen Häuser dahinter aber durften Kellergaragen haben. Die werden bei Starkregen zu Badewannen." Der "Bau-Ratgeber", den die Stadt herausgibt, sei irgendwie "für die Katz’". Die Stadtverwaltung gibt sich bedeckt. "Es handelt sich um ein laufendes Verfahren", erklärt Michael Streubel vom Presseamt. Und deshalb werde es solange kein Statement geben.
Am Luiter Weg in Traar wundert sich Geschäftsfrau Tatjana Tiefers nicht nur über die Vorgänge in Fischeln. Sie und ihr Mann sind von Stadt und Verwaltungsgericht dazu verdonnert worden, ihre neu aufgebaute Scheune, mit den gleichen Maßen wie die bergbaugeschädigte alte Scheune, bis zum 30. April dieses Jahres abzureißen. Weil - die WZ berichtete am 8. November 2008 - nur eine originale Giebelwand stehengeblieben und somit das Baudenkmal hin war.
Das Christ Camp durfte für sein Badehaus eine Betonplatte setzen. "Wieso darf dort, in geschützter Landschaft, direkt am Naturschutzgebiet Egelsberg eine Betonplatte gesetzt werden?" Tatjana Tiefers hat nichts gegen das inzwischen eng an die evangelische Landeskirche angelehnte Camp, den Ausbau oder seine Betreiber, im Gegenteil: " Der Architekt ist nett und kann nicht verstehen, weshalb wir die Scheune abreißen sollen."
Am Samstag feiert das Camp für Kinder und junge Leute auch aus andersgläubigen Kulturkreisen (so machen neben dem Egelsberg auch Jugendliche aus Duisburg-Marxloh naturnahe Ferien) Richtfest am Badehaus, das freilich kein Schwimmbad ist, sondern lediglich moderne sanitäre Anlagen beherbergen wird. Dazu sind alle eingeladen, nicht nur die Nachbarn. Leiter Steffen Sorgatz und Geschäftsführer Matthias Fischer weisen auf die Baugenehmigung der Stadt hin: "Hier läuft alles rechtens".