Brücke Niepkuhlen: Falsches Holz, schlecht verarbeitet
Für die WZ hat ein Experte die Brücke über die Niepkuhlen begutachtet.
Krefeld. Ernst Althoff zieht seine buschigen Augenbrauen hoch. „Die Bohlen sind nicht mehr zu retten. Die Unterkonstruktion muss noch genau untersucht werden. Auf den ersten Blick sind dort keine großen Schäden zu erkennen.“
Lokaltermin an der Fußgänger- und Radfahrerbrücke über die Niepkuhlen an der Nieperstraße. Der 83 Jahre alte Architekt und Holzexperte Ernst Althoff nimmt auf Einladung der WZ die seit Mitte Juli gesperrte Brücke aus Eiche und Lärche in Augenschein.
Bei den acht Zentimeter starken Eichenbohlen der Oberfläche und beim Geländer fallen ihm gravierende handwerkliche Mängel auf. „Die quer gefrästen Bohlen bieten zwar Schutz gegen Ausrutschen, sind aber ein große Risiko für das Holz, weil sich Nässe festsetzen kann.“
An der Seite der rund 80 Meter langen Brücke lässt sich das Ausmaß der Schäden begutachten. Die Bohlen sind auch an der Unterseite brüchig. Sie lassen sich mit zwei Fingern zerbröseln.
Der Professor, der 30 Jahre lang an der Düsseldorfer Kunstakademie lehrte, räumt mit einem verbreiteten Denken auf. „Ob Eiche oder das afrikanische Bongossi-Holz — unter diesen Bedingungen hätte kein Holz der Welt länger gehalten.“
Fach- und materialgerecht verarbeitet habe die Eiche im Brückenbau eine Lebensdauer von mindestens hundert Jahren. Das treffe, so Althoff, aber nur auf das Kernholz zu, nicht auf das Splintholz, das im Brückenbau nichts zu suchen habe. Beim Splintholz handelt es sich um das junge Holz des äußeren Stamms. Im Gegensatz zum älteren Kernholz aus dem Stamminneren ist es weniger dauerhaft.
Außerdem, so Althoff weiter, sei es auch wichtig, welche Art von Eiche verwendet wurde: „Es gibt rund 280 Arten dieses Gehölzes.“
Althoff zeigt auf die Verschraubung der Bohlen: „Da hat die ausführende Firma gravierende Fehler gemacht. Oder es ist bei der Instandhaltung geschehen. Auf jeden Fall kann auch hier Wasser eindringen.“ Deutlich sichtbar sind eine Reihe von Bohlen, die im Nachhinein ausgewechselt wurden.
Ernst Althoff, zu dessen Bekanntenkreis die Architekten Ludwig Mies van der Rohe und Walter Gropius sowie der Künstler Joseph Beuys gehörten, schlägt als Lösung vor, die Bohlen der Oberfläche durch weitaus preiswerteres Fichtenholz zu ersetzen.
„Das Holz müsste allerdings durch ein einfaches Dach geschützt werden.“ Voraussetzung für alle denkbaren Schritte sind fachmännische Untersuchungen bis hin zur Qualität des verwendeten Holzleims. Dafür müssten auch die Planungs- und Ausführungsunterlagen zugänglich sein.
Zu dem Ortstermin mit Professor Ernst Althoff hat die WZ auch deshalb geladen, weil seitens der Stadt keinerlei Informationen zu erhalten waren, warum die Brücke nach nur 14 Jahren für Passanten gesperrt wurde.
Aus dem Rathaus wird nur darauf verwiesen, dass ein im Juli vorgelegtes Gutachten eines beauftragten Ingenieursbüros erst der Bezirksvertretung Ost am 20. September und dem Bauausschuss am 4. Oktober zugänglich gemacht werde.