Restauration Inrather Engel mahnt wieder
Meike Denise Schuster hat die Inschrift der Skulptur an der Hülser Straße in ihrer Freizeit restauriert und vielen damit eine Freude gemacht.
Krefeld. Kniend, liegend, hockend, rutschend verbrachte Meike Denise Schuster vor dem Inrather Engel — eine Perspektive, die wohl selten jemand an diesem Mahnmal eingenommen hat. Stunden verbrachte die Inratherin zu Füßen der Skulptur an der Hülser Straße und restaurierte die Inschrift „Den Toten zum Gedenken — den Lebenden zur Mahnung“.
Dass es so lange dauern würde, den Spruch wieder deutlich lesbar zu machen, hätte sie nicht gedacht. „Der Engel und ich, wir sind jetzt per Du“, sagt die 39-Jährige, „ich kenne jede Maserung im Stein.“ Eigentlich hätte es ihrer Ansicht nach nur zweieinhalb Stunden dauern sollen, sagt Schuster, die sich durch ein längeres Steinmetzpraktikum während ihres Kunststudiums in Braunschweig und Frankreich bestens mit der Materie auskennt.
Tatsächlich dauerte es mehr als doppelt so lang. Bei dem alten, ausgewaschenen Muschelkalk, der 50 Jahre sauren Regen hinter sich habe, könne man nicht einfach mit dem Pinsel die Buchstaben entlangfahren. Hunderte Pünktchen an den Buchstabenrändern tupfte sie mit dem passenden Öko-Lack aneinander, „weil sie sonst verlaufen wären“.
Nun ist die Inschrift des Kunstwerks, das der Krefelder Bildhauer Professor Theo Akkermann schuf und das am Totensonntag 1962 enthüllt wurde, sogar wieder von der Straße aus zu sehen. Und Schuster, die sich auf einen Aufruf des Inrather Bürgervereins für die freiwillige und unentgeltliche Aufgabe gemeldet hatte, ist auch darauf jetzt schon mehrfach angesprochen worden.
„Es freut die Leute, Nachbarn sprechen mich jetzt an“, ist die gebürtige Neandertalerin, die seit zehn Jahren am Inrath wohnt, auch ein bisschen überrascht über die Resonanz. Schon während sie am Sockel arbeitete, wurde sie mehrfach angesprochen. „Eine Frau, die mit ihrem Hund Gassi ging, fragte zum Beispiel, ob ich denn einen Auftrag hätte“, erzählt sie. „Mir war das gar nicht so klar, aber die Inrather passen auf ihren Engel auf.“
Für sie selbst ist es ein Dienst im Sinne des Gemeinwohls gewesen. Die Mutter einer 13-jährigen Tochter findet solches Engagement wichtig. Es geht für sie thematisch in die Richtung, mit der sie sich auch in ihrer Bildhauerei, in ihren Romanen und bildungswissenschaftlichen Fachpublikationen beschäftigt.
„Brotberuflich“, wie sie es nennt, arbeitet sie als Fachlektorin für sozialwissenschaftliche Texte einer Professorengruppe aus Frankfurt und Mainz. Aber „leidenschaftlich“ widmet sie sich der bildenden Kunst und Schriftstellerei. Für sie sind es „alles Finger einer Hand, Strahlen einer Idee“, die verschiedene Zielgruppen mit den gleichen Themen erreichen können.
Soziale Gerechtigkeit steht dabei für sie im Fokus und die Frage, „wie man ein einer Gesellschaft mit sehr unterschiedlichen Lebensentwürfen und kulturellen Prägungen eine Gesellschaftsform finden kann, in der jeder das bekommt, was er braucht, und das beiträgt, was er kann“. Und das bedeutet auch, sich für die Allgemeinheit einzusetzen, auch direkt vor Ort. „Wir leben doch nicht global, wir leben lokal“, sagt die Künstlerin, die selbst nur mit dem Vornamenskürzel M.D. in Erscheinung tritt, weil das zu ihrem Konzept von der geschlechtsunabhängigen Betrachtung ihrer Werke gehört.