Comic On-Theater: 535 Freunde und doch allein

Das Theater zeigt ein Stück über Mobbing. Schon Fünftklässler kennen die Probleme.

Krefeld. Gebannt schauen die Schüler auf die Bühne, eine gespannte Stille herrscht in der Aula des Gymnasiums am Stadtpark. Vor den Fünft- und Sechstklässlern spielen sich dramatische Szenen ab: Nik (Marcus Klapproth) wird drangsaliert, geschubst, getreten. Lissy (Jacqueline Grygier-Bethke) aus der neunten Klasse lässt keine Gelegenheit aus, sich über den elfjährigen Schüler lustig zu machen und ihm sein Geld abzuknöpfen. Niks einziger Freund: sein Avatar Salokin, mit dem er sich durch virtuelle Spielwelten schlägt. Der tritt auch im Stück in Erscheinung (ebenfalls Jacqueline Grygier-Bethke), er ist stark, selbstbewusst und damit das genaue Gegenteil von Nik.

Dabei hat Nik eigentlich ganze 535 Freunde in sozialen Netzwerken — doch dass er auf die in der Realität nicht zählen kann, wird den jungen Zuschauern schnell bewusst.

Mit ihrem Stück „r@usgemobbt.de“ greift die Theatergruppe Comic On! aus Köln ein aktuelles Thema auf — und das, obwohl die Schauspieler schon seit knapp drei Jahren mit diesem Stück durch Deutschland touren.

Schnelle Szenenwechsel, passende Soundeffekte und kurze Gesangseinlagen sichern den drei Schauspielern die Aufmerksamkeit. Die Schüler können sich mit dem Protagonisten identifizieren, der gerade neu an der Schule ist, kaum jemanden kennt und sich deswegen hinter seinen Computer flüchtet. Lissy nutzt das aus, filmt mit ihrem Handy, wie sie ihn fertigmacht und droht, das zu veröffentlichen. Sie erpresst Nik, der im Gegenzug ein peinliches Video seiner Sitznachbarin Nathalie (Lea Kaiser) hochladen muss. Dabei war Nathalie die Einzige, die ihn vor Lissy in Schutz genommen hat.

Eine knappe Dreiviertelstunde spielt das kleine Ensemble, danach diskutieren die Schauspieler in zwei Gruppen mit den Schülern.

Eigentlich wollen Grygier-Bethke und Kaiser erst einmal gemeinsam mit den Schülern klären, was die Begriffe Mobbing und Cyber-Mobbing eigentlich bedeuten. Doch die Schüler kommen ihnen zuvor: Gleich zu Beginn melden sich zwei zu Wort, die von eigenen Erlebnissen berichten. „Von einer Freundin wurden Fotos reingeladen und darunter standen dann gemeine Kommentare“, sagt einer. Ein Mädchen erzählt von einer anderen Freundin, die wegen ihres Gewichts im Internet beleidigt wurde.

Die 40 Minuten, die für die Diskussion bleiben, sind fast zu kurz. Jeder möchte sich einmal zu Wort melden. Es ist klar: Die Kinder im Alter von zehn bis zwölf Jahren kennen die Probleme.

„Mit dem Thema haben wir durchaus schon Erfahrungen hier an der Schule gemacht“, sagt auch Beratungslehrerin Nicola Reckeweg. Die Präsenz des Themas sei ihr deshalb bewusst.

„Aber was schon Zehnjährige gerade erzählt haben — da war ich geschockt.“ Zusammen mit ihrem Beratungsteam hat sie die Theatergruppe zum zweiten Mal an das Gymnasium geholt. „Prävention ist das Ziel“, betont sie.

In der nächsten Woche spricht Marcus Zitranski, Vater eines Schülers und von Beruf IT-Berater, mit den jungen Gymnasiasten, wie sie sich im Internet sicher bewegen können. „So wollen wir verschiedene Aspekte abdecken“, erklärt Reckeweg. Damit die Schüler nicht irgendwann in der gleichen Situation kommen wie Nik in dem Theaterstück.