Karl Engels: Uerdinger Urgestein und gute Seele des Stadtteils
Der Mann mit dem rheinischen Mundwerk ist mit 93 Jahren gestorben. Am Montag findet die Beerdigung in der Kirche St. Peter statt.
Krefeld. Wer mit Karl Engels durch Uerdingen spazierte, der musste Zeit mitbringen. Alle paar Meter blieb er stehen, nicht etwa, weil ihm mit über 90 Jahren die Luft knapp wurde, sondern weil er in der Rheinstadt fast jeden kannte. Er kam aus dem Grüßen, Plaudern und Frotzeln kaum heraus, ein hellwacher Geist mit Charme und rheinischem Mundwerk.
Karl Engels, der am Sonntag im Alter von 93 Jahren gestorben ist (die WZ berichtete), war ein Uerdinger Urgestein. Geboren im November 1921, wuchs er dort auf, ging dort zur Schule, seine Geschäftsstelle als Angestellter einer Krankenkasse befand sich später ebenfalls in Uerdingen. Für die CDU saß er jahrelang in der Bezirksvertretung.
Beim Uerdinger Heimatbund, wo er natürlich Mitglied war, hatte er keine offizielle Funktion, er sah sich als „lebendes Inventar“. Andere sagen: Er war die gute Seele. Er brachte dort das Archiv auf Vordermann, katalogisierte und vervollständigte das Inhaltsverzeichnis der Zeitungen und Fotos. Fast jeden Tag war er in der Geschäftsstelle.
Nicht nur deshalb galt er wandelndes Nachschlagewerk der Rheinstadt, sein Schatz an Anekdoten schien unendlich. „Dä arme Karl“, wie er scherzhaft genannt wurde, wusste zu berichten, dass seine Mutter am heutigen Hafenkopf noch Gänse gehütet hatte. Er erzählte, wie er als Jugendlicher im Sommer oft über den Rhein schwamm, ins Freibad auf Duisburger Seite: „So hatten wir den Eintritt und das Geld für die Rheinfähre gespart.“ Er kannte auch noch die lebendige Kneipenszene in der Uerdinger Altstadt — zu den goldenen Zeiten, als im heutigen Chemiepark 11 000 Arbeiter schafften.
Wie jeder echte Uerdinger war Karl Engels groß im Sticheln gegen die Krefelder Nachbarschaft. Schon sprachlich wusste er da ganz klar zu unterscheiden: „Der Krefelder hackt die Worte, das klingt sehr gewöhnlich. Wir singen regelrecht.“ Solche Spitzen verteilte er am laufenden Band — ein humorvoller Vertreter des verbreiteten Uerdinger Selbstverständnisses, nach dem die Eingemeindung ein grandioser Irrtum der Geschichte gilt.
Doch Engels war weit mehr als ein gut gelaunter Sprücheklopfer. Fast 40 Jahre arbeitete er ehrenamtlich als Schiedsmann im Stadtteil. So manch erbitterter Streit unter Nachbarn endete dem Vernehmen nach in Engels’ Stube mit einem Schnaps. „Es soll keiner aus einer Mücke einen Elefanten machen“, pflegte Karl Engels zu sagen.
Sein Haus lag direkt am Uerdinger Marktplatz, wo die Kirchglocken Tag und Nacht zu jeder Viertelstunde läuten. „Wenn ich den Turm von St. Peter nicht sehe, werde ich krank“, hat Karl Engels einmal betont. Dort, in seiner Kirche, findet nun am Montag, 11.30 Uhr, die Trauerfeier für ihn statt.