Theater-Projekt Uerdinger Stadtpark-Gymnasium bekommt den Akku-Preis
Krefeld · Schüler haben zusammen mit dem Kresch-Theater ein Stück entwickelt, das den Umgang mit Smartphones kritisch hinterfragt. Dafür bekommen sie nun eine Kulturauszeichnung.
Wenn ein nur wenige Zoll großer Bildschirm wichtiger ist als der Gesprächspartner gegenüber. Wenn es „nur noch ein Video oder ein Spiel“ sein soll, bis die Hausaufgaben gemacht werden und es dann doch schon Abend geworden ist. Viele Kinder, Jugendliche, Eltern und Pädagogen kennen diese oder ähnliche Szenen. Doch wie kann das Thema Smartphone-Nutzung in der Schule aufbereitet werden, ohne wie ein Spielverderber zu wirken oder in Klischees zu verfallen? Lehrer des Gymnasiums am Stadtpark in Uerdingen haben es probiert und offenbar geschafft. Noch heute ist ihren Schülern die Begeisterung anzusehen, „Es war eine coole Erfahrung“, bringt es die 12 Jahre alte Lina auf den Punkt. Sie und 18 weitere Mitschüler haben mit Unterstützung des Kresch-Theaters ein Stück entwickelt, das den Umgang mit den modernen Telefonen durch sie selbst, aber auch durch ihre Eltern und Lehrern hinterfragt.
Fürs neue Handy: Würden Schüler ihre Mutter eintauschen?
Würde ein Schüler auch die eigene Mutter austauschen, wenn die dem Nachwuchs nicht das neuste Smartphone kaufen will? Das ist nur eine der Übertreibungen, die das in Szenen aufgeteilte Stück „Mein Handy #Real Love“ nutzt, um Denkanstöße zum Umgang mit der Technik zu geben. Der Clou: Die Szenen bauen auf Erfahrungen und Ideen der Schüler auf.
Auch sie, die ihr Werk unter anderem im Kresch-Theater aufgeführt haben, werden am 22. November ausgezeichnet. Ihrer Schule wird der Akku-Preis (Aktion Kunst und Kultur im Unterricht) für das Langzeitpräventionsprojekt „Facebook, Handy und Co“, das am Uerdinger Gymnasium seit 2011 den Umgang mit neuen Medien thematisiert, verliehen. Ein „i-Tüpfelchen“ der Bemühungen ist für Beratungslehrerin Nicola Reckeweg und Sozialarbeiter Daniel Kehl, die das Projekt betreuen, das genannte Theaterstück, das die Schüler im Schuljahr 2017/18 zusammen mit der Kresch-Theaterpädagogin Silvia Westenfelder und Theatermacher Helmut Wenderoth entwickelt haben.
Zuvor hatten Beratungslehrerin Nicola Reckeweg und ihr Kollege festgestellt, „dass immer wieder Probleme bei der Nutzung von Handys“ auftreten. Sei es im Zusammenhang mit Messenger-Diensten wie WhatsApp, Cybermobbing oder mit Fotos, „die unreflektiert ins Netz“ gestellt werden. Mit unterschiedlichen Aktionen, unter anderem in Zusammenarbeit mit der Polizei, einer Elterninitiative und Theatergruppen, wurde das Präventionsangebot für die Stufen der 5. und 6. Stufe in den vergangenen Jahren weiterentwickelt.
Das Theaterstück „Mein Handy #Real Love“ ist etwas Besonderes, weil es maßgeblich auf den Erfahrungen der Schüler aufbaut. Es beantwortet für Beratungslehrerin Nicola Reckeweg die Frage, wie die Schüler selbst mehr einbezogen werden können. Die Theaterleute kamen regelmäßig in die Schule, um mit den Nachwuchsschauspielern – die jetzt die siebte oder achte Klasse besuchen – zu proben. „In kurzer Zeit haben wir relativ viel gelernt“, fassen die Schüler zusammen. Und dabei selbst die unterschiedlichen Szenen entwickelt.
Bei einer Szene von Lina (15) und Lina (12) geht es beispielsweise um den Streit mit einer Mutter über den Wunsch nach einem neuen Handy. „Am Schluss haben wir gesagt, wir suchen uns eine neue Mutter“, erklären die Schülerinnen. Eine andere zugespitzte Szene bezieht sich auf den Alltag in der Schule. Nur sind es nicht Schüler, die ermahnt werden müssen. Sie melden beim Direktor einen Lehrer, der sich nicht auf den Unterricht konzentrieren kann, weil er nur mit seinem Handy beschäftigt ist, „verkehrte Welt“ erklären die Schüler.
Das Projekt wolle die Technik nicht „verteufeln“, sondern einen „liebevollen Blick“ auf Vor- und Nachteile richten, erklärt Lehrerin Nicola Reckeweg. Und wie sieht das im Alltag der Schüler aus? „Der größte Nachteil ist, dass man die Zeit vergisst“, sagt Bennet. Noch dieses Level oder dieses Video, dann werden die Hausaufgaben gemacht – und plötzlich sei es Abend und schon dunkel, erklärt der Zwölfjährige. Auch die gleichaltrige Lina kennt das. „Wenn einem langweilig ist“, könne das Smartphone die Langeweile „auffüllen“, was auch Zeitverschwendung sein könne. Vorteile gebe es aber natürlich auch: Per Messenger-Dienst könne einfach und schnell in der Klassengruppe gefragt werden, falls man nicht da war und wissen möchte, welche Hausaufgaben als nächstes anstehen.
Und wie war es, auf einer Theaterbühne zu stehen? Bei diesem Punkt gehen die Meinungen auseinander. „Nur beim ersten Mal war es aufregend“, sagt die ebenfalls zwölf Jahre alte Meral. Für ihre Beratungslehrerin Nicola Reckeweg ist hingegen die Aufführung auf der Bühne des Kresch-Theaters besonders aufregend gewesen. Sie und ihr Kollege haben selbst als Eltern mitgespielt. Aber auch Eltern haben mitgewirkt. Eine Mutter sei zum Beispiel für die Musik verantwortlich gewesen. Die Theater-Erfahrung werden vor allem die Schüler so schnell nicht vergessen. Sie sei nicht nur „cool“ gewesen, es seien auch neue Freundschaften entstanden, erklärt die 12 Jahre alte Lina.
Auch bei der Akku-Preisverleihung werden das Stück und die Thematik in Form von Filmschnipseln präsent sein. Zudem lassen die Schüler auch die vergangenen Jahre des Präventionsprojektes Revue passieren.