Sommerzeit am Rheintor

Die Hochwasser-Saison ist vorbei. Arbeiter haben gestern früh erstmals die modernen Alu-Dammbalken entfernt.

Krefeld-Uerdingen. Am Deich gelten uralte Gesetze. Das sieht man schon daran, dass die Verantwortliche Deichgräfin heißt, nicht Beauftragte für den Deichschutz und schon gar nicht Flood Facility Manager. Oben auf dem Bauwerk läuft der Verteidigungsweg, weil die Leute seit Generationen ihr Hab und Gut wie im Krieg verteidigen müssen gegen den Fluss und seine Gewalt. In Uerdingen schützt der Deich gegen ein Hochwasser, das rechnerisch alle 500 Jahre vorkommt — eine verdammt lange Zeit.

Ein Wimpernschlag ist dagegen der Abbau der neuen Dammbalken gestern Morgen. Sie sind aus Aluminium, nicht mehr aus altem schwerem Eichenholz. Kein Lehm wird zwischen ihnen verschmiert, sie haben Dichtungen. Falls ihre amtlich geprüfte Haltbarkeit einmal nicht reichen sollte, werden Bigbags heran gekarrt. Früher sagte man Sandsäcke.

Ein paar moderne Dinge gibt es also doch in der Welt von Petra Weber, die viel jünger und zupackender wirkt, als man sich so eine Deichgräfin vorstellt. Sie beaufsichtigt den Abbau der Balken, der deutlich einfacher aussieht als die Installation eines Ikea-Regals. Dennoch müssen die Arbeiter einmal pro Jahr alle Handgriffe üben, das ist Vorschrift. „Die Firma ist 365 Tage in Bereitschaft“, sagt Weber. „Die sind in Minuten hier, wenn es sein muss.“

Dass so ein „Großschadensereignis“ eintritt, ist unwahrscheinlich. Obwohl schon eine Aluminium-Wand dem Wasserdruck standhält, steht dahinter noch eine zweite. Früher, zur Zeit der Eichenbalken, gab es sogar drei. Der Schwachpunkt ist der Deich selbst: „Ein Erdbauwerk ist empfindlich“, sagt Weber. Zu Hunden und Kaninchen hat sie ein gespaltenes Verhältnis — die scharren gern. „Sobald die Grasnarbe weg ist, wird die Erosionsgefahr groß.“ Doch der Deich soll ja saniert werden. Metallwände werden zwölf Meter tief in den Boden gerammt, ein neues Kapitel in einer uralten Geschichte.