Steht der Rheinblick auf der Kippe?
Ein Brief des Chemieparkleiters sorgt für Unruhe. Doch die Investoren wollen an ihren Plänen festhalten.
Krefeld. „Rheinblick, das absolute Leuchtturmprojekt, darf nicht behindert werden“, sagt Uerdingens Bezirksvorsteher Jürgen Hengst. „Ich appelliere an die Chemiepark-Verantwortlichen, Kompromissbereitschaft zu zeigen.“ Der Politiker zeigt sich über die plötzliche Vorgehensweise vom Chemiepark-Leiter Ernst Grigat mehr als irritiert. Dieser hatte in einem Brief an die Bezirksvertreter „Konfliktpunkte im Projekt ,Rheinblick‘“ im Hinblick auf neue Schallschutzauflagen des Europäischen Gerichtshofes aufgezeigt.
„Wir haben uns 1987 zum ersten Mal mit dem Thema befasst und viel Geld in die Hand genommen, um bis hierher zu kommen. In diesem Monat muss entschieden werden“, sagt Hengst. „Das Projekt wird von allen Seiten sehr begrüßt. Jetzt müssen die Verhandlungen zwischen Politikern, Verwaltungsleuten und Investoren laufen, damit ein rechtlich wasserdichter B-Plan Ende April in die zweite Offenlage, das heißt: Bürgerbeteiligung, gehen kann.“ Ihm sei die massive Chemiepark-Kritik zu diesem Zeitpunkt und nach unendlich vielen Gesprächen unverständlich, sagt der Politiker weiter. „Plötzlich kommen solche Briefe.“
Grigat äußert im Schreiben die Befürchtung, dass es eine Klagewelle gegen die industriellen Aktivitäten der Unternehmen im Chemiepark, so beispielsweise beim Rund-um-die-Uhr-Betrieb der Verladebrücken, geben könnte. „Was tagsüber noch als ,lage-typisches Geräusch‘ durchgehen mag, bekommt eine vollkommen andere Gewichtung, wenn man nachts Ruhe finden möchte.“
Weiter heißt es: „Wir setzen bei der weiteren Lösungsfindung sehr auf ein weiterhin harmonisches Miteinander und eine gute Nachbarschaft. Grundsätzlich ist es auch aus unserer Sicht notwendig, das derzeit noch brachliegende Gelände in sinnvoller Form zu bebauen. Deshalb unterstützen wir die Suche nach einer passenden Nutzung des Geländes mit konkreten Alternativen.“
Gerade die letzte Aussage deutet Hengst als „ziemlich deutliche Absage“. Er vergleicht den Sachverhalt mit dem Bau der Elbphilharmonie in Hamburg. „Dort entstehen im oberen Gebäudeteil derzeit die teuersten Wohnungen Deutschlands. Da kommt keiner auf die Idee, den Hafen stillzulegen.“ SPD-Bürgermeister Frank Meyer will die Sorgen des Chemieparks ernst nehmen, macht aber deutlich: „Das Projekt Rheinblick muss kommen.“
Investor Ulrich Schmitter will auf die neuen Richtlinien aus Brüssel und Berlin reagieren. „Es muss alles, was Lärm macht, berücksichtigt werden: Die Verladebrücken, wenn nachts gelöscht wird, die Hochwasserpumpen und der ansässige Schlosser.“ Dieser Gewerbelärm werde aufaddiert. „Dass alle Dinge auf einmal lärmen, hat aber nichts mit Realität zu tun.“
Schmitter hat mit seinem Gelände von allen vier Parteien mit rund 600 Metern den größten Abstand zur Lärmquelle. Er will sehen, wie viel Dezibel bei ihm ankommen. „Mit einer Reihe von Maßnahmen wie einer dreifachen Verglasung der Fenster ist schon viel erreicht“, sagt er. „Es entstehen jedoch erhebliche Mehrkosten und die meterlangen Schiebetüren müssen wohl verkleinert werden.“ Der Investor ist sicher: „Der B-Plan wird 2015 festgezurrt und ich werde meinen Bauantrag im Spätsommer einreichen.“