Steuerpanne: Stadt muss 70 000 Euro abschreiben
Per normalem Brief wurden fast verjährte Steuerforderungen angemahnt. Die Zustellung ist daher nicht nachweisbar — das Geld musste abgeschrieben werden.
Krefeld. Es ist eine Binsenweisheit: Wenn man etwas wirklich Wichtiges verschicken will, dann sendet man es als Einschreiben. Bei einer Kündigung etwa. Denn dann lässt sich der Versand mitsamt Zeitpunkt stets nachweisen. Die Stadt hat darauf allerdings verzichtet, als sie kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist eine Gewerbesteuerforderung an eine Krefelderin versandte:
Die Zahlungsaufforderung verschickte sie als ganz normalen Brief — Nachweis unmöglich. Die Behauptung der Adressatin, die Post nie erhalten zu haben, kann die Stadt deshalb auch nicht widerlegen. Und muss jetzt eine Forderung von 67 453,20 Euro abschreiben.
Dabei hatte es zunächst danach ausgesehen, dass die Verwaltung möglicherweise eine uralte Forderung eintreiben kann. Denn die Gewerbesteuer, die die Krefelderin der Stadt schuldete, hätte sie schon für die Jahre 1978 und 1979 entrichten müssen. Die Frau hatte von 1975 bis 1980 einen Autohandel betrieben.
Mehr als drei Jahre nach Aufgabe des Betriebs erhielt sie Besuch vom Finanzamt. Durch dessen Feststellungen forderte die Stadt Krefeld nun Gewerbesteuer nach: 89 097 D-Mark (umgerechnet 45 554,57 Euro) für 1978 und 44 030 D-Mark (22 512,18 Euro) für 1979. Zahlen konnte die Frau aber nur umgerechnet 613,75 Euro.
Über Jahre hinweg stellte die Stadt die Steuerforderungen immer wieder zurück. Im Mai 2004 folgte dann sogar ein Offenbarungseid der Krefelderin.
Rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist schlug die Verwaltung die Akte wieder auf. Zwar ist unklar, ob die Frau auch diesmal hätte zahlen können, dennoch wurde am 2. Oktober 2009 die Aufforderung verschickt, die noch offenstehenden Beträge zu zahlen. Allerdungs wurde diese nicht als Einschreiben oder Postzustellungsurkunde versandt.
In die Akte wurde lediglich ein Datum als Abgangsvermerk eingetragen. Zwar erging noch eine Mahnung am 23. November, und am 15. Dezember kam es zur Zwangsvollstreckung. Der Steuerberater der Krefelderin aber bestreitet, dass die Zahlungsaufforderung überhaupt eingegangen sei.
Zähneknirschend musste die Verwaltung gegenüber der Politik einräumen, dass der Abgangsvermerk allein als Nachweis nicht ausreicht. Dies habe auch der Bundesfinanzhof so festgestellt. Die Behörde hat demnach den Zugang des Schreibens nachzuweisen — was die Stadt Krefeld nicht kann.
„Somit ist eine Zahlungsverjährung zum 31.12.2009 eingetreten“, heißt es in einer Mitteilung an die Krefelder Politiker. Es gebe keine Möglichkeit mehr, die Forderungen geltend zu machen.
Als Konsequenz daraus sollen derart wichtige Schreiben, bei denen die Verjährung von Forderungen droht, „ab sofort (. . .) in geeigneter Form zugestellt“ werden, die eine Dokumentation ermöglichen. Bisher seien förmliche Zustellungen „nur in begründeten Einzelfällen erfolgt“, so Stadtsprecher Timo Bauermeister auf Anfrage.
Nach WZ-Informationen wird die Eigenschadensversicherung der Stadt in diesem Fall nichts zahlen.