Studium Tausende Büchereikonten gesperrt
3200 Studierende der Hochschule Niederrhein können aktuell keine Medien ausleihen.
Krefeld. Die Hochschule Niederrhein hat ihre Warnung wahr gemacht: Bibliotheks-Nutzerkonten, die Studierende zum Stichtag — wenige Tage vor Start des Sommersemesters — nicht ausgeglichen hatten, wurden bis zur Begleichung der Ausstände gesperrt. Tausende Studierende konnten ab dem 1. April nicht mehr auf ihre Konten zugreifen — und damit auch keine Bücher mehr ausleihen.
Die Nutzerkonten-Sperrung sieht eine neue Regelung vor, über die die WZ bereits im Februar berichtet hatte: Schon ab einem Minusbetrag von einem Cent greift die Hochschule zu den Stichtagen Anfang April und Anfang Oktober jetzt konsequent durch. Minusbeträge entstehen etwa durch die Fernleihe an anderen Hochschulen oder durch Säumnisgebühren bei Überziehung der Ausleihfrist. Ein Beispiel: Bei einer Überschreitung zwischen einem und zehn Tagen werden pro Medium zwei Euro fällig. Vor der Neuregelung mussten Studenten 50 Euro im Soll sein, bevor die Sperre kam, Stichtage gab es nicht.
Inzwischen gibt es eine Bilanz: Rund 4800 Studierende hat die Kontensperrung am 1. April — wenn auch nicht ohne Vorankündigung — erwischt. 1600 Zahlungen wurden bislang geleistet, aktuell sind daher noch 3200 Konten gesperrt — davon 2 500 mit Gebühren unter 30 Euro (siehe Info-Kasten). Nur 500 der 2500 gesperrten Studierenden haben die Bibliothek in diesem Jahr nach Angaben der Hochschule genutzt. Das bedeute umgekehrt, dass etwa 2000 Studierende die Bibliothek zuletzt 2016 oder früher das letzte Mal gebührenpflichtig genutzt hätten.
Die Hochschule verteidigt das vom Sprecher der Hochschul-Jusos kritisierte Vorgehen weiter: „In einer Bibliothek muss man sich an Ausleihfristen halten. Wer das nicht tut, sorgt dafür, dass Kommilitonen nicht an wichtige Bücher kommen“, betont Hochschulsprecher Christian Sonntag. „Eine Bibliothek funktioniert nur, wenn Bücher, die ausgeliehen werden, innerhalb einer Frist wieder zurückgebracht werden.“ Die Sperrung des betreffenden Kontos nennt er selbst „das äußerste Mittel“. Und bewährte Praxis. Man habe dazu gegriffen — wie andere Bibliotheken auch. Ziel der Gebührenerhebung sei es nicht, die Einnahmen zu steigern.
Selbst Juso-Sprecher Cristian Delgado, der sich im Februar kritisch zu Wort gemeldet hatte, gibt zu, dass es unfair gegenüber anderen Studierenden sei, wenn man ein Buch nach festgelegter Frist nicht zurückgebe. Der Sprecher der Juso-Hochschulgruppe Niederrhein und Bachelorstudent des Wirtschaftsrechts, betont aber auch, dass man unterscheiden müsse: „War es Vorsatz oder hatte der Betroffene ein wirkliches Problem mit der Rückgabe, etwa durch einen weit entfernten Wohnort?“ Diese wichtige Unterscheidung sei nicht erfolgt. „In den Semesterferien ist es für viele Studierende schwierig bis unmöglich, extra wegen eines Buchs oder zur Zahlung der Gebühren zur Hochschule zu kommen.“
Die Hochschule verweist darauf, dass die Studentenschaft rechtzeitig informiert worden sei. „Die Studierenden wurden am 26. Oktober 2016 per E-Mail detailliert über das Vorgehen informiert, außerdem stand es lange auf der Homepage“, sagt Sonntag. Dem widerspricht Delgado und formuliert in diesem Zusammenhang gleich den zweiten Kritikpunkt der Juso-Hochschulgruppe: „Es war keine transparente Informationspolitik. Die Mehrheit wusste nichts davon.“ Er habe sich noch einmal bei „acht bis zehn Kommilitonen“ erkundigt. Diese hätten in ihren Mail-Postfächern keine entsprechende Nachricht der Bibliothek gefunden. Der Bachelorstudent war selbst von der Sperre betroffen. „Ich war gezwungen, die Gebühren zu bezahlen, um wieder ausleihen zu können.“ Er betont, dass sich auch Kommilitonen über das Vorgehen beschwerten.