Prozess War Angriff ein Racheakt?
Ein Streit zwischen Nachbarn eskalierte. Zwei Krefelder sind angeklagt, einem 47-Jährigen die Schulter gebrochen zu haben.
Krefeld. Die Aussagen der beiden Angeklagten, vierer Zeugen und des mutmaßlichen Opfers sorgten für drei unterschiedliche Versionen eines tätlichen Angriffs in der Silvesternacht 2014. Da zudem ein weiterer Zeuge Montag aus gesundheitlichen Gründen nicht vor dem Krefelder Amtsgericht aussagen konnte, wurde die Rekonstruktion des Abends zudem erschwert.
An diesem sollen die beiden Angeklagten J. (27) und M. (30) durch Schläge und Tritte den 47-jährigen H. so schwer verletzt haben, dass dieser einen Bruch der linken Schulter erlitt und operiert werden musste. Der Vorfall an Silvester könnte auf einem seit längerem bestehenden Streit zwischen den ehemaligen Nachbarn J. und H. beruhen.
Der Streit hatte kurz vor Silvester seinen Höhepunkt erreicht, als M. zu Besuch bei seinem Vater H. war und sich vom Angeklagten J. und weiteren Personen im Hausflur bedroht fühlte.
„Um mich zu verteidigen, holte ich dann eine Schreckschusspistole“, sagte M. am Montag vor Gericht aus. Für dieses Vergehen wurde der 24-Jährige bereits im vergangenen Jahr zu 15 Tagen Haft verurteilt. „Ich denke, dass der Angriff an Silvester jetzt eine Art Racheakt war“, sagten sowohl H. als auch M. am Montagaus. Die Angeklagten sowie die drei Zeuginnen berichteten hingegen von mehrfach auftretenden Provokationen des Geschädigten H. gegenüber J. und seiner Ex-Freundin.
„Sie kamen an Silvester mit einem breiten Grinsen aus dem Haus, beschuldigten uns danach, Böller in ihre Richtung geworfen zu haben“, sagte der Angeklagte M. am Montagaus. Ein Griff an die Hosentasche habe ihn dann daran erinnert, dass M. bereits einmal eine Waffe gegen sie gerichtet hätte. „Und dann habe ich zugeschlagen“, rechtfertigte M. sich. Was danach geschah, konnte in der gestrigen Verhandlung nicht geklärt werden. Während die Angeklagten davon sprachen, jeweils nur einmal zugeschlagen zu haben, sagten sowohl der Geschädigte H. als auch sein Sohn M. aus, von einer größeren Gruppe angegriffen, zu Boden gerungen und dort getreten worden zu sein.
Dabei machte vor allem H. mehrfach unterschiedliche Aussagen, wer ihn geschlagen und getreten habe. „Sie antworten dem Richter, dass M. nicht dabei war, wenn ich sie danach frage, war er laut ihrer Aussage aber dabei — was stimmt denn jetzt?“, fragte die Staatsanwältin H. daraufhin. Der Geschädigte erklärte daraufhin, dass er am Boden liegend nicht alles genau erkennen konnte, da er sein Gesicht schützen musste. Den Angeklagten J. wollen jedoch sowohl Vater als auch Sohn definitiv als Täter ausgemacht haben. Dieser gab an, bereits als Junge von H. geschlagen worden zu sein. Die Verhandlung wird am kommenden Mittwoch fortgesetzt.