Wirtschaft Biologisch abbaubare Textilien aus Krefeld

Krefeld · Das Unternehmen OceanSafe aus Uerdingen will etwas gegen schadstoffbelastete Stoffe tun.

Manuel Schweizer ist CEO bei Oceansafe.

Foto: Oceansafe/pascalaeschbacher_photography

Wenn Manuel Schweizer anfängt zu reden, wird nach wenigen Worten klar, dass der Mann nicht am Niederrhein aufgewachsen ist. Bei dem Unternehmer ist der Name Programm: Er ist ein Eidgenosse. Sein Startup OceanSafe aber hat eine Krefelder, genauer Uerdinger, Adresse. „Als einstige Textil- und Seidenstadt ist in Krefeld heute noch ein enormes Fachwissen vorhanden, und es gibt hier auch noch ausgebildete Fachkräfte. Das ist eine Stärke der Region“, sagt er. Am Standort werden die Stoffe entwickelt. „Hier sind unsere Designabteilung, die Qualitätssicherung, Logistik und Administration angesiedelt. Wir arbeiten hier mit 20 Mitarbeitern.“

In Krefeld konnte Manuel Schweizer vor einigen Jahren ein mittelständisches Textil-Unternehmen übernehmen, die Deco Design Fürus GmbH in Uerdingen, und dieses „als Ausgangspunkt für mein Herzensprojekt nutzen. Die Tatsache, dass immer mehr Polyester und bei den Naturfasern toxische Additive, also chemische Hilfsstoffe, eingesetzt werden, wollte ich nicht mehr mitverantworten“, schildert er seine Motivation. Denn die Schadstoffe gelangten beim Waschen in den Wasserkreislauf, wo sie hunderte Jahre bleiben würden. Dass Meere und Flüsse enorm belastet sind, hat sich in den vergangenen Jahren herumgesprochen. Auf dieses verbreiterte Interesse will Manuel Schweizer setzen, deswegen auch der sprechende Firmenname.

Die Lösung aus seiner Sicht: Textilien, die zu 100 Prozent biologisch abbaubar sind. Es geht ihm nicht um die Minimierung von Schadstoff-Grenzwerten, sondern um komplettes Weglassen. „Wo keine toxischen Inhaltsstoffe hineinkommen, kommen nie solche raus.“ Die Entwicklung von schadstofffreien Textilien sei unerlässlich, um einen nachhaltigen positiven Effekt für Mensch und Umwelt zu erzielen. „Denn es ist hinlänglich bekannt, dass unsere Weltmeere durch Mikroplastik verschmutzt werden und dieses über die Nahrungskette auch uns Menschen gefährdet.“ Manuel Schweizer sieht darin nicht weniger als einen „Paradigmenwechsel für die Textilindustrie“.

Aus alten Produkten sollen Nährstoffe und Biogas werden

Theoretische Grundlage ist das sogenannte Cradle-to-Cradle-Prinzip („von der Wiege bis zur Wiege“): OceanSafe will dem Kunden Anreize zur Rückgabe der Produkte nach Ende des Lebenszyklus geben. Aus den „alten“ Produkten werden dann in der Industrie-Kompostierung Nährstoffe und Biogas. „Der gewonnene Nährstoff ist die Basis für jeden neuen Rohstoff“.

Das eigene „OS-Sortiment“ umfasst derzeit diese Materialgruppen: Synthetische Fasern auf Petrochemie-Basis, Naturfasern wie Baumwolle, Leinen und - ganz neu - Hanf sowie Konfektionszubehör, gemeint sind Vorhanggleiter, Knöpfe und Bänder. Sämtliche Produkte, auch die synthetisch hergestellten, seien biologisch abbaubar. Mit „ozeansicheren“ Hemden oder Hosen kann man zwar noch nicht herumlaufen. In der Schweiz sind aber bereits Bettwäsche und Frottierwäsche erhältlich. In Österreich gibt es unter anderem Zierkissen, Tischwäsche und Vorhänge. Auch in Deutschland steigen die ersten Einrichtungsketten ein. In Kürze soll eine Kollektion mit bedruckten Stoffen und eine Möbelstoffkollektion folgen. Noch stecken die Produkte also in Heimtextilien. „Doch in Zukunft kann jedes Textilprodukt ein OceanSafe-Siegel tragen“, so das Unternehmen. Weitere Investoren werden daher gesucht.

Fürchtet er nicht, dass durch die Corona-Krise die Nachhaltigkeits-Themen in den Hintergrund rücken werden? „Im Gegenteil. Die Menschen werden nach Corona sehr viel stärker darauf sensibilisiert sein, woher Produkte kommen und was darin enthalten ist“, sagt Schweizer. Alles, was irgendwie das Thema Gesundheit tangiere, werde mehr Bedeutung bekommen. „Außerdem bin ich davon überzeugt, dass nach der Krise, in der die Menschen in ihren Wohnungen bleiben mussten, der Wunsch nach Renovieren und Verschönern besteht und größer wird.“