Ungewohnte Begegnung
Freund Nocke ist ein Mensch, der Theorien auf ihren Praxisbezug überprüft. Das tat er zuletzt wieder - ungewollt und unbeabsichtigt. Die Theorie: Wenn du zu einer für andere ungewohnten Tageszeit an einem für andere ungewohnten Ort bist, sieht dich keiner - weil keiner zu der Zeit an jenem Ort mit dir rechnet.
Nocke stand an einem ganz normalen Wochentag zur Mittagszeit vor einem Metzgerladen und wartete auf seine Frau. Die Schwägerin fuhr auf dem Rad vorbei, blickte ihn kurz an - und fuhr weiter.
Zwei Stunden später war Nocke gefühlte 300 Meter von seinem Lieblings-Buchladen entfernt. Der Besitzer eilte irgendwohin, blickte Nocke ebenfalls in die Augen - und ging grußlos an ihm vorbei. Wenn das kein Beweis für die Theorie war. Nocke aber wollte auf Nummer sicher gehen. Auf seine diesbezügliche Bemerkung zur Schwägerin folgte ein völlig erstauntes "Wo warst Du?" Und der Buchhändler sagte nur: "In meinem Geschäft hätte ich Sie erkannt."
Freund Nockes persönliche Schlussfolgerung in Anlehnung an den Satz "Ich denke, also bin ich" ist seit dem: "Ich habe einen freien Tag, also bin ich nicht." Oder so ähnlich.