Fischotter Nemo ist in seinem Element

Wann immer es geht, machen Nemo und sein Ziehvater Wolfgang Gettmann eine Tour zum Elbsee, paddeln und schwimmen. Sie sind seit vielen Jahren Dauergäste beim Kanuclub Hilden.

Foto: Ralph Matzerath

Erkrath/Hilden. Beim Kanuclub Hilden ist Nemo im Sommer ein Dauergast. Der Zwergfischotter ist auch zugleich das Maskottchen der Wassersportler. Wann immer es geht, kommen Nemo und sein Ziehvater Wolfgang Gettmann (67) hierher. Doch heute lassen sich trotz Ferien und milder Temperaturen nur Wolfgang Gettmann und Nemo als kleinster Kanute weit und breit blicken. „Nemo liebt das Wasser. Er braucht seine Schwimm- und Kanurunden“, sagt Gettmann. Immer wieder springt der putzige Fischotter auf das Kanu und lässt sich von da aus ins Wasser gleiten. Nach dem Ausflug schwimmt Nemo ein paar Runden mit seinem Ziehvater.

Wolfgang Gettmann, Zoologe

Währenddessen bereitet Ehefrau Traudl Gettmann (65) am Ufer das Mittagessen für den Otter in einer Schale vor: Fischköpfe und Hühnerherzen. Als Nemo sein Essen am Ufer riecht, fiept er vor Freude laut los. „Das ist Nemos Leibspeise“, erklärt Traudl Gettmann. Nemo gähnt. Zeit für sein Mittagsschläfchen, denn Nemo ist mit elf Jahren schon recht betagt für einen Fischotter, der in der Natur höchstens zwölf Jahre alt wird. „Bei uns wird er seit Jahren gut umsorgt, da bleibt er uns sicherlich noch einige Jahre erhalten“, sagt Wolfgang Gettmann lachend.

Nemo ist das Ziehkind des mittlerweile pensionierten Direktors des Aquazoos Düsseldorf, er ist praktisch mit ihm in Rente gegangen. Der Zwergotter wurde, zusammen mit seinen sechs Geschwistern, vor elf Jahren von seiner Mutter verstoßen. Der Zoologe nahm ihn in nach der Geburt in seine Obhut. „Ich war der erste, den Nemo in seinem Leben mit offenen Augen sah: Seitdem denkt er wohl, er sei ein Mensch. Er ist fehlgeprägt. Das ist ein bisschen so wie bei Konrad Lorenz und den Gänsen“, sagt Gettmann. Ob Otter oder Mensch, für Nemo spielt das keine Rolle, solange er sein Fressen und seine Streicheleinheiten erhält.

Der Kurzkrallenfischotter genießt das Leben bei Familie Gettmann und Hund Balou und ist ganz klar der Chef im Haus. Den ganzen Tag läuft Nemo stöbernd und quiekend durch die Wohnung und schaut in Schubladen, Kisten oder Taschen nach Essbarem. „Er ist so neugierig, man muss ihn immer im Auge behalten“, meint Traudl Gettmann.

Seit elf Jahren richtet sich alles nach Nemo. „Als wir ihn bekamen, wussten wir nicht, wie arbeitsintensiv der Kleine ist. Selbst meine mittlerweile erwachsenen Söhne mussten mit aufpassen“, erzählt Traudl Gettmann. Mindestens elf Kilometer muss Nemo am Tag laufen, und er verputzt Berge von Fischen, Schnecken oder Muscheln. Flusskrebse fängt er bisweilen in der Itter.

Im Aquazoo hatte Nemo mehrere Nannys an seiner Seite. „Als Direktor hatte ich zum Glück immer genügend Praktikantinnen, die sich um ihn gerne gekümmert haben“, erinnert sich Gettmann. Der Otter war damals Fernsehstar in vielen Shows. Doch Gettmann sieht ihn eher als Botschafter einer gefährdeten Tierfamilie und keinesfalls als Haustier, das man sich anschaffen sollte: „Das ist eine große Ausnahme, dass ich ihn aufziehe, denn Fischotter sind keine Haustiere. Aber Nemo hätte es sonst nicht überlebt“, sagt der Zoologe. Zuhause angekommen, rollt Nemo sich auf seinem Kissen zusammen und schläft. „Nun haben wir endlich Ruhe“, sagt Traudl Gettmann.