Pinkfarbene Schuhe gehen auf die Reise
130 pinkfarbene Schuhe sollen auf die Situation von Flüchtlingen aufmerksam machen. Mit dem Erkrather Künstler Ralf Buchholz reisen sie in ferne Länder.
Erkrath. Wenn ein Aktionskünstler, der auf sich hält, verreist, kann man sicher sein, dass er Arbeitsmaterial im Gepäck hat. Bei Ralf Buchholz waren es sechs pink eingefärbte, linke Schuhe — nicht etwa vorgesehen für einen kapriziösen „walk of fame“, sondern, hui, für die transatlantische Fortsetzung eines im September 2015 im heimischen Erkrath begonnen Projekts, das auf die prekäre Situation von Flüchtlingen aufmerksam machen will. Es besteht aus mittlerweile 130 pinken Schuhen, heißt „Where do you come from“ und findet überall dort statt, wo Buchholz seine Installation ohne Widerstand aufbauen kann.
Ralf Buchholz, Künstler
Das war zum Beispiel schon auf dem Grabbeplatz in Düsseldorf vor der Kunstsammlung NRW der Fall, vor dem Museum K21 im Ständehaus und vor dem Landtag am Rheinufer. In Berlin nahm die Schuhparade Kurs aufs Brandenburger Tor und auf den Reichstag, bevor es zur Bernauer Straße ging, zu einem Abschnitt der einstigen Berliner Mauer, der heute ein Mahnmal ist. Nur auf der Kölner Domplatte scheiterte er, wurde von einem Kirchenbediensteten ziemlich rüde verjagt, erzählt Buchholz. Entmutigen lässt er sich davon aber nicht, wie seine jüngste Reise bezeugt. In den USA, wo die Sicherheitsvorkehrungen bekanntlich hoch sind, habe er seine reisefreundlich auf sechs Schuhe reduzierte Installation dann auch völlig ungestört platzieren können, dabei natürlich stets neugierig, aber freundlich beäugt.
„Ich bin dort nirgendwo vertrieben worden und habe mich an keinem der Orte unsicher gefühlt“, erzählt Buchholz, der seine Schuhe nicht etwa in entlegenen Seitenstraßen, sondern in Sichtweite von Touristenattraktionen arrangierte: In New York vor dem neuen World Trade Center, nahe der Freiheitsstatue und schließlich, auf Vermittlung eines interessierten einheimischen Betrachters hin, auch auf der benachbarten Insel Ellis Island, einst Sammelstelle für Immigranten, heute Museum für die Geschichte der Einwanderung in die Vereinigten Staaten. „Der Bezug von den Flüchtigen damals zu den Flüchtlingen heute war natürlich genau das, worauf es mir ankam. Ich wollte ja durch die Gespräche, die sich über die Schuhe ergeben haben, herausfinden, ob und wie die Amerikaner wahrnehmen, was in Europa gerade mit Flüchtlingen passiert“, sagt Buchholz, der seine Schuhe später auch noch vor einem Nachbau der „Mayflower“ in der Nähe von Boston aufstellte. Mit dem legendären Segelschiff waren englische Pilger im 17. Jahrhundert in Richtung Amerika aufgebrochen. Was kann nach so vielen prominenten Schuh-Ausstellungsorten jetzt noch kommen? Ralf Buchholz hat da schon eine Idee: Zumindest ein Teil seiner Schuhsammlung sollte, entweder mit ihm selbst oder durch befreundete Künstler, noch Australien, Afrika, Asien und, wenn es irgendwie möglich sein sollte, auch die Antarktis gesehen haben, bevor das Projekt im Sommer 2017 die entscheidende Kurve nimmt, und zwar zur 14. Auflage der Documenta in Kassel, der weltweit bedeutendsten Ausstellung für zeitgenössischen Kunst. Dass er dort seine „dahin hoffentlich auf 200 Exemplare angewachsene Sammlung“ zeigen und ihre Reisen dokumentieren kann, weiß Buchholz schon sicher. Im Herbst, zum Documenta-Ende, will er dann versuchen, die Schuhe für einen guten Zweck zu versteigern.