Gericht weist Obdachlosen in Klinik ein
Der 58-Jährige, der im Sommer 2012 einen Pfarrer der Neanderkirche angegriffen hat, ist laut Gutachter gefährlich.
Hochdahl. Eine weiße Gummipuppe soll es gewesen sein, vor der Jürgen D. Angst hatte. So viel Angst, dass der 58 Jahre alte wohnungslose Mann im Juni vergangenen Jahres dem Pfarrer der Neanderkirche mit einer Flasche ins Gesicht schlug und ihm das Jochbein brach. Vor dem Landgericht Wuppertal wurde er am Dienstag schuldunfähig gesprochen und die Unterbringung in einem geschlossenem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Der Pfarrer und Jürgen D. waren sich zum Tatzeitpunkt nicht fremd: „Im Sommer hat er sich draußen herumgetrieben und oft auf einer öffentlichen Bank vor dem Friedhof geschlafen“, sagt der Pfarrer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, im Gespräch mit der WZ. Anfangs kam Jürgen D. bei schlechtem Wetter in die Kirche. „Aber er benahm sich immer mehr daneben“, sagt der Pfarrer. „Er hat in der Kirche gefrühstückt, geraucht, seinen Müll versteckt, an die Heizung uriniert.“ Daraufhin erteilte er ihm Hausverbot.
Aber auch draußen sei die Situation mit der Zeit unerträglich geworden: „Er hat mit einem imaginären Gegenüber gestritten, und laut vor sich hin geschimpft, auch mitten in der Nacht.“ Regelmäßig habe der Pfarrer, der nahe der Kirche wohnt, ihn dann weggeschickt, notfalls mit der Polizei gedroht. „Er hat dann geschimpft, aber er ist gegangen.“
Am 16. Juni 2012 hat er hingegen mit einer Flasche ausgeholt — ob Glas oder Plastik, ließ sich laut Gericht nicht abschließend klären. Die Wucht reichte jedoch aus, um dem Pfarrer einen Bruch zuzufügen. Der rief daraufhin die Polizei — und hat trotzdem Mitgefühl. „Es ging immer stärker bergab mit ihm“, sagt er. „Der Mann darf nicht alleine bleiben. Ihm muss geholfen werden.“
Das sieht auch das Landgericht so. Seit Herbst ist Jürgen D. in der Forensik Essen untergebracht und bekommt Medikamente — der leitende Oberarzt Dr. Emil Bartucz war als Sachverständiger vor Gericht und führte als Diagnose eine langjährige chronische Psychose, beginnende vaskuläre Demenz und zudem verminderte Intelligenz an.
„Sein gesamtes Handeln untersteht seiner Psychose. Es ist ihm nicht möglich, das Unrecht seiner Tat zu erkennen“, sagte Bartucz. Der 58-Jährige verfolgte den letzten von zwei Prozesstagen scheinbar unbeteiligt. Er rutschte auf dem Stuhl herum, verlangte nach einer Zigarette, starrte mit leerem Blick in den Raum.
Die Kammer war sich schnell einig, dass eine Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung „zwingend notwendig“ ist, so der Vorsitzende Richter. „Das Krankheitsbild hat sich verschlechtert, von ihm geht eine Gefahr für die Allgemeinheit aus“, sagte der Richter.