Grubenfahrten auf der Rolltreppe
Fotograf Guntram Walter schafft Bilder ohne Inszenierung.
Hochdahl. Für Rolltreppen-Fotos in aller Ruhe gibt es einen Trick: „Mit den Letzten hoch fahren — dann ist Ruhe“, sagt Guntram Walter. Er fotografiert, was andere nur erdulden: Treppenfahrten, lange Gänge.
Theaterszenen und Sichtachsen in verfallenden Gebäuden — Walter hält sie fest mit seiner Kamera und einem Rucksack voller Objektive. „Ich inszeniere in der Regel nicht“, sagt der 47-jährige Hochdahler.
Für seine „Grubenfahrten“ genannten Rolltreppen-Bilder möchte er die Szene möglichst unbelebt haben: „Wenn Menschen erkennbar sind, schränkt das die Möglichkeiten ein“, sagt Walter. Jeden Abgebildeten müsste er um Zustimmung fragen, bevor er die Fotos veröffentlichen dürfte. Der Trick mit dem Abwarten funktioniere übrigens überall — außer in London. Da sei einfach zu viel Verkehr in der U-Bahn.
In den 1980er-Jahren hat Walter angefangen zu fotografieren: „Irgendwann haben mich Bilder interessiert.“ Seine Projekte erarbeitet der studierte Germanist in seinem Atelier, im Souterrain des Hochdahler Reihenhauses, das er mit seiner Frau bewohnt. Dort übernimmt er Internet-Designarbeiten, produziert Postkarten und Bücher für sich oder im Auftrag.
Für Rundgänge öffnet Walter sein Atelier nicht: „Ateliers sind toll, wenn sie nicht aufgeräumt sind.“ Bei ihm hätten es die Stöberer schwer — alle Arbeit und die digitalen Bilder stecken im Computer. Die Foto-Ausdrucke in Spitzenqualität übernimmt ein Fachbetrieb.
Für sein neuestes Buch „Hömma Kunst“ fotografierte Walter ein Jahr lang beim Kulturhauptstadtprogramm Ruhr 2010 — ohne Auftrag und ohne Erlaubnis. Regeln zu übertreten gehöre für ihn dazu, sagt der Fotograf: „Wichtig ist, dass man im Rahmen der Kunst nicht vergisst, über sich selbst zu lachen.“
Sein nächstes Projekt will Walter in Duisburg beginnen. Die Straßenbahnlinie 903 — quer durch Marxloh — interessiere ihn: „Die einzelnen Bilder sind Dokumentation. Zusammen ist es Kunst.“