Hochwasser in Erkrath Das Trauma ist geblieben

Erkrath · Das Hochwasser 2021 traf Erkrath unvorbereitet. Allein die Stadt erlitt Schäden von mehr als 8,5 Millionen Euro.

Dieses Auto parkte am 14. Juli an der Morper Allee in Erkrath, die bei dem Hochwasser völlig überflutet wurde.

Foto: David Young / dpa

(dne) Niemand starb in diesen Nächten. Doch das Trauma ist geblieben – hat Yannick van der Heide von „Erkrath hält zusammen“ beobachtet. Jedes Gewitter, jeder Starkregen schwemmt die Ängste und die Bilder aus den Nächten des 14. und 15. Juli 2021 wieder ins Bewusstsein. Dann fürchten Anwohner von Alt-Erkrath, dass das Hochwasser zurückkommt. „Wir versuchen, für die Menschen ansprechbar zu sein“, sagt van der Heide, wohl wissend, dass hier professionelle Hilfe nötig wäre.

Bis vor Kurzem wummerten in zahlreichen Privathäusern immer noch die Bautrockner. „Erkrath hält zusammen“ sammelte nach eigenen Angaben 171 000 Euro Spendengelder, mit denen Betroffene unterstützt wurden und werden. 134 000 Euro aus dem Spendentopf sind verteilt. Mehr als 300 Helfer waren in rund 80 Haushalten aktiv. Pumpten, kratzten Putz und Tapeten von den Wänden, räumten Keller aus. Die Ehrenamtler von „Erkrath hält zusammen“ brachten Hilfeersuchen und Angebote zusammen. Täglich zwischen 8 und 22 Uhr. Yannick van der Heide sagt: „Jeden Abend haben wir die Betroffenen angerufen – mit der Frage: Was braucht ihr morgen?“

Gemeinsam räumten die Erkrather nach dem Hochwassser auf. Hier werden Sandsäcke gesammelt und entleert.

Foto: Feuerwehr Erkrath

Getroffen hat das Wasser auch die Stadt. Wer Stadtsprecher Thomas Laxa nach den Schäden fragt, bekommt eine zweiseitige Excel-Tabelle, mit kleiner Schrift und großen Summen. Die Überschrift verrät die Dimensionen: „Wiederaufbauplan Erkrath“. Die auf dieser Unterlage stehenden Schäden summieren sich zu mehr als 8,5 Millionen Euro auf. Angesichts von galoppierenden Baukosten ist das mehr eine Größenordnung als ein verbindlicher Wert. Bund und Land haben einen Fonds mit 12,3 Milliarden Euro zur Beseitigung von Hochwasserschäden bereitgestellt. Bis zu 100 Prozent der Kosten können ersetzt werden. Bis zum 30. Juni 2023 können betroffene Kommunen Aufbauhilfen beantragen.

Die Brücke Dorper Weg wurde unterspült.

Foto: Stadt Erkrath

Laxa schreibt: „Kleinere Schäden an Gebäuden, Brücken oder Wegen sowie betroffenen Spiel- und Sportplätzen wie beispielsweise die Sanierung des Untergeschosses der Stadtbücherei im Kaiserhof oder die Erneuerung des Sportbodens in der Turnhalle Düsselstraße konnten durch die Fachbereiche Immobilienmanagement, Bestandsbetreuung sowie Tiefbau, Straße, Grün bereits behoben werden.

Parkettboden in der Stadthalle soll überarbeitet werden

Weitere umfangreiche Sanierungsmaßnahmen wie zum Beispiel die Überarbeitung des Parkettbodens in der Stadthalle sind für Sommer 2022 geplant. Größere Bauprojekte wie der Ersatzneubau der städtischen Unterkunft an der Freiheitstraße oder der Neubau der Brücke Dorper Weg folgen zu einem späteren Zeitpunkt.“ Auch in der nüchternen Verwaltungsbetrachtung ist das Hochwasser von Mitte Juli 2021 immer noch überaus präsent.

Kann soetwas wieder passieren? Engin Alparslan, Geschäftsführer des Bergisch-Rheinischen-Wasserverbands, BRW, holt erst mal Luft, bevor er antwortet: „Auf Jahrhundert-Hochwasser sind wir bestens vorbereitet. Dies war ein Jahrtausendereignis.“ Von 42 Regenrückhaltebecken des BRW seien 39 übergelaufen, die fünf im Einzugsbereich von Erkrath inklusive. Die Düssel war schwer betroffen. Hinzu kam Oberflächenwasser, das die Kanäle nicht mehr fassen konnten. Entlang der 950 Flusskilometer, für die der BRW zuständig ist, gebe es immer noch Stellen, die geräumt werden müssten. Immerhin habe man die Kommunikation zu den Städten und Feuerwehren verbessert. Gemeinsam mit der Kommune sei der BRW dabei, Flächen in Erkrath zu identifizieren, um dem Wasser mehr Ausdehnungsfläche zu geben. sogenannten „Retentionsraum“. 

Alparslan will keine falschen Versprechungen machen. Falls eine Fläche gefunden werde, die für ein neues Regenrückhaltebecken geeignet sei und falls es mit dem heutigen Eigentümer keinerlei Probleme gebe, dann würde es mindestens sieben Jahre dauern, bis ein neues Regenrückhaltebecken in Betrieb gehen könnte. Ob das nächste Jahrtausendereignis so lange auf sich warten lässt, vermag niemand vorherzusagen. Tatsächlich musste der Hochwasserschutz viele Jahre lang zurückstehen. Hinter dem Naturschutz, hinter wirtschaftlichen Interessen bei der Ausweisung neuer Wohn- und Gewerbegebiete mitsamt der Bodenversiegelung und hinter den Belangen des Tourismus. „Wir leben hier in einer sehr verdichteten Region“, sagt Alparslan. Und hofft, dass das Hochwasser des 14. und 15. Juli 2021 dem Hochwasserschutz eine höhere Priorität verschafft hat.