Suchthilfe-Leiter geht in Rente

Nach mehr als 30 Jahren Arbeit in der Suchthilfe heißt es nun für Hans Räbiger-Stratmann „Abschied nehmen“.

Foto: N. Marschall

Erkrath. Mit den Worten „Ich bin dann bald mal raus“ und „Ich muss am 29. Februar in Rente gehen“ kündigte Hans Räbiger-Stratmann Anfang des Jahres seinen baldigen Eintritt in den Ruhestand an — und zeigte damit deutlich seine Ambivalenz gegenüber diesem Schritt: „Einerseits habe ich all die Jahre gerne in der Suchthilfe gearbeitet und der Abschied von meinen Kollegen und Klienten wird mir schwer fallen. Andererseits freue ich mich, mehr freie Zeit zu haben und einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen.“ Langweilen wird er sich nicht. Da ist sich der langjährige Leiter des Suchthilfe Beratungs- und Informationszentrums (BIZ) der Neanderdiakonie sicher. „Ich habe eine Frau und einen Hund, Haus, Freunde, einen Stapel Bücher und zwei erwachsene Söhne und Schwiegertöchter“, sagt er schmunzelnd: „Vielleicht gibt es ja dann irgendwann auch mal Enkelkinder.“

Hans Räbinger-Stratmann, Suchthilfe

Von 1981 bis 2002 war Räbiger-Stratmann Leiter der Suchthilfe der Diakonie in Ratingen. Ab 2002 führte der engagierte Diplom-Sozialpädagoge und Therapeut die in Ratingen gestartete Arbeit im Suchthilfe BIZ der Neanderdiakonie in Hochdahl fort. In den zurückliegenden 35 Jahren hat sich das Suchthilfesystem zu einem differenzierten Feld entwickelt, das Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre noch in den Kinderschuhen steckte. „Damals steckte die Sozialarbeit insgesamt noch in den Anfängen“, erinnert er sich. Die Suchthilfe entwickelte sich daraus als eigenständiges psychosoziales Arbeitsfeld — zunächst mit Beratungsstellen, gefolgt von Präventionsangeboten und der Einrichtung von Versorgungsstrukturen im Rahmen des in den 90er Jahren eingeführten Psychiatrieplans. Schließlich kamen als niedrigschwelliges Angebot Kontaktstellen — wie das Café BIZ der Suchthilfe an der Hauptstraße —, Methadonprogramme und die ambulante Betreuung der Betroffenen hinzu. Weitere Teilbereiche sind heute Programme zum Kontrollierten Trinken, Rückfallprävention, Angehörigenberatungen und Programme für jugendliche Canabiskonsumenten.

Auf die Anzahl der Suchtkranken habe die Suchthilfe übrigens keinen mittelbaren Einfluss, räumt Hans Räbiger-Stratmann ein: „Nicht alle Abhängigen gelangen ins Suchthilfesystem. Wer zu uns kommt, will bewusst etwas an seiner Situation verändern.“ Wer da ins BIZ kommt sei ebenfalls von Jahr zu Jahr unterschiedlich: „In der Regel haben wir zwei Drittel Alkohol- und ein Drittel Drogenkonsumenten.“ Während es vor drei Jahren beispielsweise lange Wartelisten für ambulante Therapien für Alkoholabhängige gab, gab es in den letzten beiden Jahren gar keine solche Gruppe.

In der Beratung der Betroffenen hat sich seit den Anfängen einiges getan, weiß Räbiger-Stratmann, der sein Knowhow seit 1999 auch in seinem eigenen Institut für Systemische Fort- und Weiterbildung, WMC Rheinland Westfalen und Euregio, an Berater und Therapeuten weitergibt: „Den Begriff ‘Rückfall’ beispielsweise nutzen wir nicht. Wir sprechen stattdessen von einem ‘Vorfall’ oder einer ‘Ehrenrunde’. Das zeigt eine ganz andere Haltung: Nämlich, dass es trotzdem weitergeht — und zwar besser“.

Von ihm entwickelt wurde das Elterncoaching „Elternpräsenz statt Suchtpräsenz“, mit dem er während seiner Zeit im BIZ zahlreichen Eltern suchtkranker oder -gefährdeter Jugendlicher geholfen hat, wieder zu ihren Kindern durchzudringen. In seinem Blog gibt er diese Erfahrungen auch künftig an fachliche Kollegen weiter. Diesen wird er auch als Supervisor im WMC weiter zur Seite stehen. Langweilen wird er sich also sicher wirklich nicht!

www.elternpraesenz.de