Theologin: „Protestanten könnten lockerer sein“
Die evangelische Theologin Dorothea Kühl-Martini erklärt, warum Katholiken anders lachen und Humor in die Kirche gehört.
Hochdahl. In der Evangelischen Kirchengemeinde Hochdahl stehen drei Gottesdienste ganz im Zeichen von „Glaube und Humor“. Den Anfang hat am vergangenen Samstag Dorothea Kühl-Martini gemacht. Die evangelische Theologin und Pfarrfrau in Hochdahl hat mehrere Bücher, insbesondere zum Thema Ökumene, verfasst und kennt die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Katholiken und Protestanten — auch in Sachen Humor.
Frau Kühl-Martini, worin unterscheiden sich Katholiken und Protestanten?
Dorothea Kühl-Martini: Es gibt bestimmte Vorurteile, die, schaut man sich überzeugte Glaubensvertreter an, im gewissen Maß auch stimmen. So wird Protestanten nachgesagt, ernster und verbissener zu sein als Katholiken, während man Letzteren nachsagt, ausgelassener feiern zu können und mehr Wert auf Prunk zu legen.
Haben Katholiken mehr Humor?
Kühl-Martini: Das kann man so grundsätzlich nicht sagen. Aber schaut man sich beispielsweise Karneval an, entstanden aus der katholischen Tradition, vor der Fastenzeit noch einmal richtig zu feiern, bevor es ernst wird, ist das für Protestanten schon befremdlich. Es fehlt der Zugang. Sich als erwachsener Mensch zu verkleiden, das ist in gewisser Weise ja schon sonderbar (lacht).
Können Protestanten denn lustig sein und lachen?
Kühl-Martini: Natürlich. Aber sie haben eben auch eine andere Herangehensweise. Googlet man beispielsweise Lachen und Katholiken, bekommt man zehnmal so viele Treffer, als wenn man Protestanten eingibt. Bei derselben Suche mit dem Begriff Humor ist es umgekehrt. Dabei stößt man aber meist auf wissenschaftliche Beiträge von Protestanten zum Thema Humor, während man bei den katholischen Seiten Witze entdeckt. Der Zugang ist eben ein anderer.
Also könnten sich Protestanten etwas abgucken?
Kühl-Martini: Sie könnten schon etwas lockerer werden. Und das sage ich, die ja selbst evangelisch ist (lacht).
Sollte in der Kirche denn grundsätzlich mehr gelacht werden?
Kühl-Martini: Ja, warum auch nicht? In den USA habe ich es oft erlebt, dass der Pfarrer mindestens einen Witz im Gottesdienst gemacht hat. Erst traute ich mich gar nicht zu lachen, weil es so ungewohnt war. In der katholischen Kirche gibt es auch das sogenannte Osterlachen: Dabei soll ausgelassen darüber gelacht werden, dass der Tod überwunden wurde und Jesus auferstanden ist. Ich finde, es sollte in jedem Gottesdienst ein Osterlachen geben.
In den Augen vieler Zeitgenossen sind Christen ja nicht für ihren Humor bekannt, sondern eher für das Gegenteil.
Kühl-Martini: Das ist schade. Weil das Christentum ja die frohe Botschaft ist, und die sollte nicht ernst sein. Wenn man Freude ausstrahlt bei der Ausübung seines Glaubens, kann man diesen auch viel besser an andere vermitteln. Dabei sollte natürlich nicht auf Kosten eines anderen gelacht werden. Humor ist grundsätzlich etwas Positives, das auch verhindert, verbittert zu werden.
Könnte Humor denn auch dazu beitragen, dass sich Katholiken und Protestanten noch mehr annähern?
Kühl-Martini: Ich glaube, dass beide Religionen ihre Vor- und Nachteile haben und voneinander lernen können. Der gegenseitige Respekt ist dabei am wichtigsten— miteinander zu leben, ohne sich zu verletzen. So ein unverdorbener Blick auf die jeweils andere Religion kann ja auch sehr reizvoll und humorvoll sein.