Auftreten ist wichtiger als der Lebenslauf

Beim Azubi-Speeddating in Hilden hatten Firmen die Chance, Bewerber persönlich zu treffen.

Auftreten ist wichtiger als der Lebenslauf
Foto: Köhlen

Hilden. Vor der Tür richten sich drei junge Männer in den spiegelnden Scheiben der Stadthalle ihre Krawatten. Sie haben gleich Dates. Allerdings nicht mit den Damen ihrer Träume, sondern — idealerweise — mit den Arbeitgebern ihres Lebens. Denn die Jungs gehen zum Azubi-Speeddating der IHK Düsseldorf, der vierten von fünf Veranstaltungen zur Lehrstellenvermittlung für das kommende Ausbildungsjahr.

60 Firmen nehmen in der Hildener Stadthalle an dem Aktionstag teil, stellen sich und ihr Unternehmen vor und werben um Nachwuchs. Die Zeit drängt, die meisten Ausbildungen beginnen im August oder September. Und auch in der Stadthalle wird auf die Uhr geschaut, genauer, auf gläserne Sanduhren mit blauem Sand. Maximal zehn Minuten soll jedes Bewerbungsgespräch dauern. Doch so unterschiedlich wie die Bewerber und die Firmen sind, so verschieden laufen auch die Gespräche.

Während an manchen Tischen noch geredet wird, als die Zeit längst abgelaufen ist, sind manche Interviews schon nach fünf Minuten vorbei. So wie bei Jason. Der 19-Jährige aus Erkrath hat sich bei der Düsseldorfer Umzugsfirma August Bertram vorgestellt. „Ich möchte gerne Berufskraftfahrer werden, in dem Beruf hat mein Opa auch gearbeitet“, erzählt Jason. Auch vor körperlicher Arbeit scheue er nicht, kann sich eine Ausbildung zur Fachkraft für Möbel-, Küchen und Umzugsservice vorstellen. Das passt, denn die Branche sucht händeringend Nachwuchs. „Viele Firmen zahlen übertariflich, manche bieten sogar Handgeld an“, weiß Lars Kleffner von der Firma Bertram. Nach der Ausbildung liege der Bruttomonatslohn bei 2500 bis 2600 Euro. Hinzu kämen meist noch mehrere hundert Euro Spesen und Trinkgeld für die Umzugshelfer.

Den Lkw-Führerschein machen die Azubis im Rahmen ihrer Ausbildung, Jason hat allerdings auch noch keinen Pkw-Führerschein. „Dafür finden wir notfalls eine Lösung“, sagt Robert Nitsche, der Ausbilder im Unternehmen. Er bietet Jason ein Praktikum an, worüber sich der junge, etwas unsichere Mann freut. Denn Jason hat es mit seiner Vorgeschichte nicht leicht, eine Stelle zu finden. Als Kind musste er öfter den Wohnort und die Schule wechseln, immer wieder von vorn anfangen. Der Schulabschluss blieb dabei auf der Strecke. Das Speeddating ist für ihn eine Chance, sich einem potenziellen Arbeitgeber persönlich zu präsentieren und seinen nicht unbedingt vorteilhaften Lebenslauf vergessen zu machen.

Eine ungewöhnliche Vita hat auch der Düsseldorfer Illya Khvorostyuk. Der 24-Jährige hat eine erste Ausbildung zum Medienkaufmann abgebrochen, davor auch als Türsteher gejobbt.

Da der gebürtige Ukrainer seit zehn Jahren intensiv Sport treibt — zunächst Kampfsport, später Gewichtheben —, hat er sich am Stand des Sportpark Hilden um einen Ausbildungsplatz als Sport- und Fitnesskaufmann beworben. Für den Diplom-Sportwissenschaftler Sebastian Strempel vom Sportpark, der mit Betriebsleiter Sascha Prieß die Bewerbungsgespräche führt, sind „Auftreten und Leidenschaft das A und O“. Wer beides mitbringt, wird zum Probearbeiten oder zum Praktikum eingeladen, bei dem auch das übrige Team möglichst dabei sein sollte.