Nach Katastrophe in der Türkei Hildenerin hilft Erdbeben-Opfern
Hilden · Simone Sroka ist einem privaten Aufruf in den sozialen Medien gefolgt, sammelte Spenden und reiste dann in die Türkei, um den Menschen nach den Erdbeben zu helfen. Sie berichtet von ihren emotionalen Erlebnissen.
Als Simone Sroka am 6. Februar von der Erdbebenkatastrophe mit unzähligen Toten in Syrien und der Türkei erfährt, verfolgt sie gebannt die Nachrichtenlage. Als sie dann einen Beitrag in der Videoplattform TikTok entdeckt, in der ein ihr bislang Wildfremder dazu aufruft, sich privat zu organisieren und die Erdbeben-Opfer zu unterstützten, ist sie sofort bereit, mitzumachen. Noch in derselben Nacht wird eine WhatsApp-Gruppe mit freiwilligen Helfern aus ganz Deutschland gegründet. Eine Woche später fliegen 15 von ihnen ins Katastrophengebiet, darunter auch die Hildenerin Simone Sroka.
„Mit 500 Kilogramm Gepäck sind wir vom Düsseldorfer Flughafen nach Adana geflogen“, berichtet die 48-Jährige. Darunter sind auch Verbandskästen, Rettungsdecken und Warnwesten, die Sroka vom Hildener Autohaus Lux erhalten hat. Von Adana ging es nach fünf Stunden Schlaf im Hotel mit dem Bus weiter nach Hatay. Mitgenommen hat Sroka nur das Nötigste: einen Trekkingrucksack, eine Isomatte und ein Zelt. Letzteres baute sie mit den anderen freiwilligen Helfern, die größtenteils einen türkischen Migrationshintergrund hatten, in einer Industriehalle auf. Von dieser Halle aus koordinierte die Gruppe ihre Hilfseinsätze.
Mehr als 40 000 Menschen sind bei dem verheerenden Erdbeben in Syrien und der Türkei gestorben, viele weitere haben ihre Häuser und Wohnungen verloren. Anfang dieser Woche haben zwei neue Erdbeben die türkisch-syrische Grenzregion erschüttert. Zahlreiche lokale und internationale Organisationen leisten in der Erdbeben-Region Hilfe. Zunächst ging es der freiwilligen Gruppe aus Deutschland, der sich Sroka angeschlossen hatte, darum die Spenden, die sie aus Deutschland mitgebracht hatten, zu sortieren und aufzuteilen. „Auf der Straße lag ein riesiger Berg von Kleidung von Baby- bis Erwachsenenkleidung, der war sicherlich 15 Meter lang. Den haben wir bis zum letzten Teil geordnet“, erinnert sie sich.
Sie verteilte auch Essenspakete an die bedürftigen Menschen
Auch Essenspakete wurden gepackt und an die Bedürftigen verteilt. „Es war traurig zu sehen, dass zwar durch andere Organisationen in der Türkei und in Deutschland bereits viele Spenden und Geld gesammelt wurden, doch noch nichts davon bei den Menschen vor Ort angekommen war. Die Leute haben sich wegen eines Pakets Reis geprügelt“, erzählt Sroka. Die Türkei kannte sie bislang nur von einer anderen Seite. Jedes Jahr machte sie dort Urlaub, unter anderem in Antalya, Side und Alanya. Ein paar Brocken Türkisch, die sie in ihren Urlauben gelernt hat, kommen ihr so bei ihrer Hilfsarbeit zugute. Ansonsten hilft die Übersetzung übers Handy. Für die Unterstützung der Freiwilligen seien die Leute vor Ort einfach nur dankbar gewesen. „Viele haben Teile ihrer Familie verloren und wollten einfach nur in den Arm genommen werden“, schildert die Helferin. Sroka sei auch gebeten worden, Leichen zu tragen. „Das konnte ich aber nicht. Ich habe mich stattdessen um die Tiere gekümmert, die plötzlich kein Zuhause mehr hatten“, sagt sie und arbeitete mit dem Verein „Notpfote“ zusammen.
Wie es ist, wenn die Erde bebt, erlebte Simone Sroka dann selbst, als ein neues Erdbeben der Stärke 5,1 Hatay erschütterte. „Selbst das Essen für Helfer war knapp, und so sind wir zu einem Restaurant gefahren, wo es noch etwas geben sollte. Doch auf einmal wackelte alles, die Menschen sind aufgesprungen und haben sich auf den Boden gelegt. Das war völliges Neuland für mich“, berichtet Sroka. In der Nacht sei sie dann von einem weiteren Beben geweckt worden mit Stärke 3,0. Für viele sei es das Schlimmste, nicht zu wissen, wann das nächste Erdbeben kommt.
Nach einer Woche Hilfe in der Erdbeben-Region reist Sroka zurück. Aus Dankbarkeit für die Unterstützung wird sie mit der Polizei bis zu ihrem Bus, der sie dann zum Flughafen nach Istanbul bringt, eskortiert. Zu Hause wirft sie ihre komplette Kleidung weg. „Das hat alles irgendwie nach Leichen gerochen“, berichtet sie. „Doch wenn ich das Geld dafür hätte oder mir jemand das Flugticket spendiert, würde ich sofort wieder aufbrechen und die Menschen unterstützen. Das wird Jahre dauern, bis alles aufgebaut ist.“