Hilden Hildener forscht nach Auschwitz-Morden

Hilden. · Der Historiker und ehemalige Ratsherr Stephan Lipski hat im KZ Verwandte verloren.

Stephan Lipski recherchiert in alten Dokumenten nach der Geschichte seiner Angehörigen, die 1941 nach Auschwitz deportiert wurden.

Foto: "Köhlen, Stephan (teph)"/Köhlen, Stephan (teph)

Das Thema Auschwitz lässt Stephan Lipski über Jahre nicht los. Als er bei einem Besuch in der NS-Gedenkstätte mitbekommt, wie in der Cafeteria des Vernichtungslagers ein deutscher Tourist die Frage, ob er ein ein Mineralwasser mit oder ohne Kohlensäure haben wolle, „mit Gas“ beantwortet, ist der Hildener tief erschüttert. „Auch wenn es vielleicht nur Gedankenlosigkeit war, aber diese Antwort an diesem Ort verbietet sich“, so Lipski, der 1936 in Lodz geboren wurde und in Auschwitz Familienmitglieder verloren hat.

Befreiung des Lagers jährte
sich kürzlich zum 75. Mal

Vor wenigen Wochen jährte sich die Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz zum 75. Mal, und auch in Hilden gab es eine Gedenkfeier, in deren Rahmen Stephan Lipski über den gewaltsamen Tod von Familienmitgliedern, drei wurden in Auschwitz, eines im Konzentrationslager Sachsenhausen ermordet, sprach. Nahezu zehn Jahre hatte der promovierte Historiker, der auch als CDU-Ratsherr im Hildener Stadtrat politisch wirkte, über den Verbleib seines Onkels Hugo Ziegler sowie seiner Cousins Georg und Wiktor recherchiert. Die Gewissheit, dass alle in dem deutschen Vernitungslager in Auschwitz umgekommen waren, wurde jedoch von der Nachricht der tatsächlichen Todesumstände, die Stephan Lipski erst im vergangenen Herbst vom Standesamt in Auschwitz erhielt, an Grausamkeit überschattet.

Die Familie Ziegler, aus der Lipskis Mutter stammt, wurde 1732 wegen ihres protestantischen Glaubens durch Erzbischof Firmin aus Hallstatt im Salzburger Land vertrieben und siedelte sich als Bauern im Königreich Sachsen-Polen, wo August der Starke religiöse Toleranz walten ließ, in Dabie am Ner (Nebenfluss der Warthe) an.

Die wechselvolle Geschichte Polens machte die deutsche Minderheit ab 1815 zu russischen Staatsbürgern, ab 1918 zu polnischen Staatsbürgern und ab 1940 sollte sie durch Eintragung in die sogenannte Volksliste wieder „Heim ins Reich“. „Doch die Familie, deren Name nun polnisch Cygler hieß, weigerte sich, war sich aber offenbar der Konsequenzen nicht bewusst. „Himmler hatte verfügt, dass alle Volksdeutschen, die nicht den Nachweis der Eintragung in besagte Volksliste nachweisen konnten, in Schutzhaft zu nehmen sind und eine Überführung in ein Konzentrationslager zu veranlassen sei“, sagte Lipski, der mit Beginn der 90er Jahre erstmals das KZ besucht hatte.

Kein Hinweis auf Todesursache
in den drei Telegrammen

Schriftstücke aus dem Nachlass seiner Mutter veranlassten Lipski, sich auf eine detaillierte Spurensuche zu begeben. „So gibt es Belege, dass im März und April 1941 ein Telegrammbote der Familie Ziegler dreimal gleichlautende Nachrichten über den Tod von Hugo, Georg und Viktor im Lager Auschwitz überbracht hat, einen Hinweis über die Todesursache enthielten die Telegramme jedoch nicht“, erklärt Stephan Lipski, der nach wie vor keine Klarheit hatte, ob seine Verwandten im Arbeitslager gestorben sind oder aber bereits unmittelbar nach der Einlieferung in die Gaskammern mussten. Es sollte aber noch schlimmer kommen. Nach ergebnislosen Recherchen im Archiv des KZ Auschwitz brachte schließlich der International Tracing Service in Bad Arolsen die Wahrheit an den Tag. Die Zieglers sind Opfer eines Dr. Hellmuth Vetter geworden, der als KZ-„­Arzt“ menschenverachtende, in der Regel tödliche Versuche mit den Insassen durchführte.