Hildorado wegen Chlorgas evakuiert
40 Badegäste wurden verletzt. Neun kamen ins Krankenhaus. Darunter viele Kinder und Jugendliche.
Hilden. Mit einer Decke in den Armen tritt die junge Mutter von einem Bein auf das andere. „Meine Tochter ist da drin“, sagt sie. „Aber ich weiß nicht, wie es ihr geht.“ So wie ihr erging es gestern vielen Eltern: Im Hildener Spaß- und Freizeitbad Hildorado war gegen 17 Uhr offenbar beim Versuch, das Wasser mit der Chemikalie zu versetzen, Chlorgas ausgetreten. Durch die Lüftungsanlage gelangte es vom Technikraum im Keller zu den Schwimmbecken, wo vor allem Kinder über Atemwegsreizungen, Husten und Übelkeit klagten. Ins Freie drang kein Gas. Anwohner waren nicht in Gefahr. Erst im Laufe des Abends wurde das Ausmaß des Unglücks klar. Insgesamt mussten die Rettungskräfte 40 Personen betreuen. Davon wurden neun in umliegende Krankenhäuser gebracht, wie zum Beispiel die Uniklinik Düsseldorf, zwei unter Notarztbegleitung.
Rund 500 Gäste waren zum Zeitpunkt des Unglücks anwesend. Sie forderte das Bad-Personal umgehend zum Verlassen des Hildorado auf. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene erschienen daraufhin teilweise in Bikinis, Shorts und Badeanzügen auf der Straße. „Ich wollte gerade vom Dreimeter-Turm springen, da wurde er zugemacht“, erzählt Marco Schnieber. Als der 19-Jährige nach draußen ging, kam er am Krankenzimmer vorbei. „Das war komplett voll. Viele hatten Hustenanfälle“, schildert er.
Nach Auskunft von Stadtwerke-Sprecherin Sabine Müller verlief die Räumung des Hildorado ruhig und geordnet. Die Gäste wurden vom Personal auf eine Wiese geschickt, wo sie mit Iso-Decken und Getränken versorgt wurden. „Die Feuerwehr hat das Gebäude recht schnell wieder freigegeben“, berichtet sie. Die Gäste konnten ins Bad zurückkehren, sich ankleiden und ihre Sachen holen. Der reguläre Badebetrieb war jedoch beendet.
Auch Sarah und Bijan waren unter den Gästen. „Ein Kind hatte noch einem Vater gesagt, dass es schwer Luft kriegt. Dann haben wir gesehen, wie plötzlich die Bademeister zu den Duschen gerannt sind. Da kamen auch schon die Durchsagen. Wir wussten gar nicht, was los ist“, erzählen sie. Weil sie selbst keine Atemwegsreizungen hatten, wurden die beiden 13-Jährigen von der Feuerwehr zu einer Sammelstelle gebracht, wo sie gemeinsam mit weiteren Freunden auf ihre Eltern warteten.
Die alarmierte Feuerwehr bereitete vor dem Hildorado alles für einen sogenannten Massenanfall von Verletzten vor. In Windeseile wurden Versorgungszelte aufgebaut. Mehr als 100 Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rotem Kreuz aus Hilden, Haan, Erkrath, Mettmann und Düsseldorf leisteten Unterstützung. 30 Polizisten riegelten laut Sprecher Ulrich Löhe in einem Umkreis von rund 500 Metern Walder Straße und Umgebung ab, um Rettungswege frei zu halten. Es kam zu Staus und Verkehrsbehinderungen. Gegen 20.10 Uhr hob die Polizei die Sperrung der Walder Straße wieder auf. Die Grünstraße blieb indes noch längere Zeit gesperrt. Und die junge Mutter? Sie wurde von der Feuerwehr zu ihrem Kind geführt.