„Im kühlen Grund“ wird versteigert

Am 7. September kommt die Gaststätte, die auf eine mehr als 100-jährige Tradition zurückblickt, unter den Hammer.

Foto: Stephan Köhlen

Haan. Auf der Schiefertafel links neben der Eingangstür steht in großen Kreidelettern „Geschlossen“. Der Vermerk wurde erst vor wenigen Tagen erneuert. Inzwischen ist klar: Die mehr als 100-jährige Geschichte der Traditionsgaststätte „Im kühlen Grund“ ist vorerst beendet. Das Amtsgericht Mettmann hat die Zwangsversteigerung von Haus und Grund für den 7. September terminiert.

Das Verfahren der Zwangsvollstreckung läuft offenbar schon länger. Denn schon im September vorigen Jahres hat Gutachter Albrecht Götz den Verkehrswert für das Wohn- und Geschäftshaus mit Nebengebäuden und das rund 3815 Quadratmeter große Areal auf 234 600 Euro taxiert. Die Gewerbeeinheit der Gaststätte hat eine Größe von 145 Quadratmeter. Im Ober- und im Dachgeschoss gibt es je zwei Wohnungen zwischen 37 und 85 Quadratmeter Größe. Postalisch gehört die Adresse Frinzberg 2 zwar zu Haan. Doch das Flurstück wird bei der Stadt Erkrath geführt.

Wanderer und Ausflügler bedauern, dass sie „Im kühlen Grund“ derzeit keine Rast mehr einlegen können. Der Grundstein wurde im Jahre 1904 gelegt, und nachdem als erstes ein Brunnen zur Wasserversorgung gebohrt werden musste, eröffneten Jacob und Maria Pabst das Haus ein Jahr später als Kantine für die Rheinisch-Westfälischen Kalkwerke. Die Kalkwerker kehrten auf dem Weg zur Arbeit ein und einige übernachteten regelmäßig in einem der damals neun Fremdenzimmer. Zur Selbstversorgung lebten gemeinsam mit der Familie Ziegen, Pferde und Hühner auf dem Grundstück. Aus den Zimmern wurden später Wohnungen. Bis zuletzt war die Gaststätte in Familienhand.

Der Wertgutachter hat den Gebäudezustand als „mäßig“ bewertet. Wer die Immobilie ersteigert, müsste noch manchen Euro investieren. Für die notwendigen Renovierungen hat der Experte rund 50 000 Euro veranschlagt. Malerarbeiten, neue Wohnungstüren, eine neue Heizung, Arbeiten an Fassade und Dach hält der Fachmann für angezeigt. Aber auch die nicht genehmigte Terrasse und ein Schuppen müssten „rückgebaut“ werden.

Für einen neuen Eigentümer sieht der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DeHoGa) durchaus Chancen. „Gerade im Kreis Mettmann ist touristisch viel entwickelt worden“, sagt Isabel Hausmann. Die stellvertretende Geschäftsführerin des DeHoGa Nordrhein kann sich den Kühlen Grund durchaus auch in Zukunft als Einkehrgaststätte für Radfahrer und Wanderer, die auf dem Neanderlandsteig unterwegs sind, vorstellen.

Aber: Eine Gaststätte heute sehe nicht mehr so aus wie früher — ein Tresen mit ein paar Tischen davor. „Da gehört ein schöner Biergarten dazu, exklusive Getränke und einige Kleinigkeiten zur Stärkung.“ Es sei aber auch möglich, durch die spezielle Küche oder besondere Angebote Gäste aus den umliegenden Städten anzulocken. Die DeHoGa biete in jedem Falle Beratung für einen neuen Gaststätten-Betrieb an, sagt Isabel Hausmann. -dts