Interview mit Hildener Hegering „Trächtige Rehe sind nicht so schnell“

Hilden · Aktuell ist Brut- und Setzzeit in den Wäldern und auf den Feldern in und rund um Hilden. Die Jäger appellieren an alle Hundehalter, ihre Vierbeiner an der Leine zu lassen.

Markus Jäschke vom Hegering appelliert an Tierhalter, ihre Hunde nur ohne Leine laufen zu lassen, wenn sie auch hören.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)/Köhlen Stephan (teph)

„Biss in die Kehle tötet trächtige Ricke“ – unter dieser Überschrift haben wir vor einem Jahr über einen Vorfall in Hilden berichtet, der auch in diesen Tagen wieder vorkommen kann.

Denn aktuell ist Brut- und Setzzeit: Viele trächtige Rehe, aber auch andere Wildtiere stehen kurz vor der Geburt ihres Nachwuchses. Aus diesem Grund appelliert Markus Jäschke vom Hildener Hegering: „Halten Sie Ihre Hunde unbedingt an der Leine!“ Warum, das erklärt er im Interview.

Herr Jäschke, warum sollten Hundehalter ihre Vierbeiner aktuell unter keinen Umständen von der Leine lassen?

Markus Jäschke: Rehe mit zwei Kitzen im Bauch sind einfach nicht so schnell wie sonst. Sie können oft nicht vor den Hunden fliehen. Und wenn doch, führt solch eine Hetzjagd am Ende zu Frühgeburten. Im schlimmsten Fall stirbt die Mutter an einem Herzschlag. Daher kann ich nur an alle Hundehalter appellieren, ihre Hunde nicht frei laufen zu lassen. Außerdem haben wir bereits die ersten Kitze beobachtet. Sie liegen alleine beispielsweise im hohen Gras. Wenn Hunde umherstreunen, stoßen sie auf kurz oder lang auf die Kitze.

Sie haben selbst zwei Hunde - wie machen Sie das momentan?

Jäschke: Mein älterer Hund ist sehr gut trainiert und hat auch ein ausgeglichenes Wesen. Er hört aufs Wort. Trotzdem bleibt er in kritischen Bereichen an der Leine. Mit dem jüngeren Hund bin ich vor Kurzem durch den Wald spaziert, als plötzlich ein Rehbock vor uns stand. Er ist noch nicht komplett ausgebildet und wollte sofort hinterher. Das ging aber nicht, weil ich ihn an der Leine hatte.

Wie sollte ich mich verhalten, wenn mein Hund plötzlich hinter einem Reh hinterherjagt?

Jäschke: In solch einem Fall können Sie nichts mehr machen. Der Hund ist dann in einem Jagdfieber und lässt erst wieder ab, wenn er das Tier gerissen hat oder keine Energie mehr für die Jagd hat.

Was sollte ich machen, wenn er ein Tier verletzt oder gerissen hat?

Jäschke: Am fairsten wäre es, wenn Sie die Polizei rufen würden. Die informiert dann den Jagdpächter, der sich um alles Weitere kümmert. Bei einem verletzten Reh wird dann mit speziell ausgebildeten Hunden eine sogenannte Nachsuche organisiert.

Droht mir eine Strafe?

Jäschke: Ja. Zur Einordnung: Vor ein paar Wochen hat ein Hund im Bereich der Hildener Autobahnpolizei ein Reh gerissen. Das Verfahren ist gerade abgeschlossen worden: Der Hundebesitzer muss 1100 Euro Schadensersatz an den Jagdpächter zahlen. Dazu kommen noch Anwalts- und Gerichtskosten. Das dürfte sich auf rund 2000 Euro summieren. Dazu kommen noch eine Maulkorb- und Leinenpflicht. Das alles hätte sich vermeiden lassen, wenn der Hund angeleint gewesen wäre.

Wann kann ich meinen Hund wieder gefahrlos im Wald laufen lassen?

Jäschke: Grundsätzlich darf der Hund nur dann frei laufen, wenn ihn der Halter auch im Griff hat, und auch nur dann. Hört ein Hund aufs Wort, darf er im Landschaftsschutzgebiet – und dazu zählen weite Teile des Stadtwaldes – auf den Wegen frei laufen. Aber nur dann. Wenn er nicht hört, muss er auch hier an der Leine geführt werden. Im Naturschutzgebiet muss der Hund immer an der Leine geführt werden. Daran halten sich leider nicht immer alle Hundehalter. Wir haben erst am Sonntag auf unseren Wildkameras einen weißen Schäferhund beobachtet, der einen Rehbock von der Stadtgrenze zu Haan aus bis zur Waldkaserne gejagt hat.

Was kann ich denn machen, damit mein Hund auf mich hört?

Jäschke: Hundeschulen bieten Gehorsamslehrgänge an. Es gibt aber auch spezielle Anti-Jagd-Lehrgänge.

Was soll ich machen, wenn ich Rehkitze im Feld finde?

Jäschke: Nichts. Und auf keinen Fall anfassen. Kitze, aber auch der Nachwuchs von Hasen werden von ihren Müttern abgelegt, aber weiter versorgt. Das ist ein ganz normales Verhalten und muss niemanden besorgen. Sollten Menschen die Tiere berühren, nehmen ihre Mütter sie nicht mehr an. Dann sterben sie. Es werden allerdings auch recht viele Junghasen und andere Tiere aus falsch verstandener Tierliebe vermeintlich gerettet und landen dann im Hildener Tierheim.