Musikschule: Abschied vom Backsteinbau
Rund 200 Gäste feierten bis spät in die Nacht hinein ein letztes Mal in der alten Musikschule.
Haan. Ein Zettel liegt zu Füßen des Keyboarders, ein paar Akkorde sind in dickem Filzer darauf notiert. Zwei Meter weiter nickt ein junger Schlagzeuger rhythmisch mit dem Kopf, das Fell der Basstrommel drückt sich im Takt nach außen. „Wonderwall“ von Oasis schwebt über den alten Schulhof an der Dieker Straße. Am Freitag haben sich Schüler, Eltern und Lehrer der Musikschule von ihrem Backsteingebäude mit einer großen Party verabschiedet.
Die Projektband der Schüler spielt auf der improvisierten Bühne im Windfang. „Das ist das erste Mal, dass wir so eine Band haben“, sagt Jens Filser, Lehrer für E-Gitarre. Alle Lehrer, die Popmusik unterrichten, hätten mitgemacht.
„Schade, dass die Schule abgerissen wird“, sagen Philo und Mira. Die acht und neun Jahre alten Freundinnen lernen Klarinette und Geige. Nicht so traurig ist Musikschulleiterin Eva Dämmer: „Ich freue mich, in ein Haus zu ziehen, in dem die Heizung funktioniert, die Fenster dicht sind und wo es vernünftiges Licht gibt.“ Durchgeregnet habe es in dem alten Hauptschulgebäude nicht nur im Dachgeschoss, sondern sogar in der ersten Etage. Ein muffiger Geruch in den Gängen zeugt davon. Der Teppichboden ist abgewetzt und wellig.
Mit Wehmut trenne sie sich von dem Treppenhaus, sagt die Schulleiterin. Der elegante Bogen vor dem Hintergrund der bunten Glassteinwand stammt aus den 1950er Jahren. „Das war ein Gefühl wie Hollywood“, sagt Eva Dämmer.
Besucherin Karin Walter — mehr als 30 Jahre lang Blockflötenlehrerin in Haan — erinnert sich besonders gern an die gute Atmosphäre: „Als ich neu war, habe ich mal in einen Raum rein- geschimpft. Da kam sofort eine Kollegin an.“ Laut zu werden sei an der Musikschule nie nötig gewesen.
Für Karolin Deutrich aus Gruiten — ehemalige Schülerin — ist der Abschied vom alten Haus ein Einschnitt: „Es geht ein Stück Zuhause vorbei.“ Sie habe in der Musikschule fast mehr Zeit verbracht als im Elternhaus — mit Kursen in Gesang und Querflöte, mit Proben im Trio, Quartett und Orchester. „Wir haben im Lehrerzimmer auf dem Boden Kulissen gemalt für das Musiktheater. Und zwischendurch haben wir Pizza bestellt“, erzählt die 33-Jährige. Sie sei jetzt Ergotherapeutin, überlege, sich für Musiktherapie weiterzubilden.
„Das Besondere der Schule ist die gute Vernetzung in der Stadt“, sagt Dämmer. Mit den Vereinen, dem Kulturamt, dem Haaner Sommer bestehe eine sehr gute Zusammenarbeit: „Es gibt kein Fest ohne die Musikschule.“
Die Abschiedsparty steigt auf einer halben Baustelle. Gleich hinter dem Frittenstand steht ein Container voll mit sperrmüllreifem Inventar. Die Haaner Blues-Rocker von „Ready Rolled“ übernehmen von der Schulband. Geschichten aus alten Zeiten erzählen die 200 Gäste dann noch bis gegen 1 Uhr.