Großes Graben in der Unterwelt
Etwa 800 Meter Kanal müssen an der Bahnhofstraße saniert werden. Die Arbeiten dauern rund eine Woche an.
Haan. Dichter Dampf über der Bahnhofstraße, sperrige Gerüste und Maschinen auf der Fahrbahn — die Kanalsanierung unter der Bundesstraße wird deutlich zu sehen sein. Ein Inliner, eine Art Schlauch, soll die Abwasserrohre abdichten — eine technisch höchst anspruchsvolle Aktion: „Dabei kann ganz viel in die Hose gehen“, sagt Tiefbauamtsleiter Guido Mering.
Wie der Inliner eingebaut wird? Man müsse es sich vorstellen wie das Durchkrempeln eines auf links gezogenen Strumpfs durch das Rohr, sagt Frederick Strüver, Ingenieur der ausführenden Firma Insituform. Das Material bestehe aus einem mit Kunstharz getränkten Filz. „Wenn im Kanal eine Scherbe vorsteht, macht das nichts. Da fährt der Inliner einfach drüber.“
Der Inliner härtet bei Wärme aus, wird maßgeschneidert in eisgekühlten Kisten geliefert, erklärt der Techniker. Der Dampf werde gebraucht, um den Inliner-Strumpf durch die engeren Rohre durchzudrücken. Danach müsse über Stunden das Rohr aufgeheizt werden. „Wir setzen in Haan alles ein, was im Kanalbereich Hightech ist“, sagt Klaus Bittermann, projektleitender Ingenieur des Tiefbauamtes.
Heikel sei das Verfahren, weil es keinen Raum für Fehler lasse, erläutert Mering. Wenn etwas nicht passt, der Strumpf aber schon auf dem Weg in die drei Meter unter der Fahrbahn liegenden Kanäle ist, müsse im schlimmsten Fall das Material nach dem Aushärten wieder herausgefräst werden. Das sei auch der Grund, dass die Arbeiten jetzt vorgenommen werden: „Die Bahnhofstraße bekommt vom Landesbetrieb Straßen bald eine neue Fahrbahndecke“, sagt Mering.
Man wolle vermeiden, durch die neue Decke durchgraben zu müssen. Angewendet wird die Technik bereits seit mehr als fünf Jahren in Haan, unter anderem bei den Kanälen unter der Böttingerstraße und der Martin-Luther-Straße.
Würde man die Kanäle in offener Bauweise sanieren, bräuchte man mehr als anderthalb Jahre, erläutert Mering. Mit dem Inliner schaffe die Firma das in sechs Wochen und zur Hälfte der Kosten.
Für die Anwohner soll alles mit minimalen Belästigungen gehen. Während die Arbeiter ein Kanalstück bearbeiten, werden zunächst die Hausanschlüsse durch den Inliner blockiert. Abwässer stauen sich dann in dem Anschluss. „Das ist kein Problem, solange nicht in einem Hochhaus 40 Leute gleichzeitig die Waschmaschine einschalten“, sagt Strüver.
Nach wenigen Stunden würden die Anschlüsse wieder aufgefräst — von Robotern oder in den weiteren Rohren von Hand. Eine Arbeit, die im Schutzanzug ausgeführt wird. Denn was in den Stunden der Blockade durch die Toiletten gespült wurde, fließt dann ab.